Niemand weint Merkel eine Träne nach

Merkel

Doppelverbeitragungsopfer werden für Merkel keine rote Rosen regnen lassen, denn die scheidende Bundeskanzlerin ließ Altersvorsorger im Regen stehen.

Von Michael Rahnefeld

Am 2. Dezember 2021 verabschiedet die Bundeswehr Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die hat sich für den Großen Zapfenstreich das Stück „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ von Hildegard Knef ausdrücklich gewünscht. Ebenso wie einen zweiten Titel aus DDR-Zeiten, der von der etwas schrägen Nina Hagen stammt. „Du hast den Farbfilm vergessen, mein Michael“, trällerte die „Godmother of Punk“ Mitte der 70er-Jahre und erreichte damit wohl auch die Seele der scheidenden Kanzlerin.

Keine Rote Rosen für Merkel

Doppelverbeitragungsopfer, die im Verein der Direktversicherungsgeschädigten (DVG) zusammengeschlossen sind, werden für Merkel allerdings keine roten Rosen regnen lassen, auch wenn der frühere Stern-Journalist Hans-Ulrich Jörges am Donnerstag, 2. Dezember, in einem SWR1-Interview bemerkte, dass es Merkel in ihrer Amtszeit schon hin und wieder getroffen habe, wenn ihre Leistungen nicht gebührend gewürdigt wurden. Die DVGler setzen da eher auf den Nina Hagen-Hit, allerdings etwas umgetextet auf: „Du hast die DVGler vergessen, Angela.“ Denn es war nicht zuletzt die Bundeskanzlerin, deren Veto ein Ende des unsäglichen Betrugs an den Menschen, die fürs Alter vorgesorgt haben, verhinderte.

Basta-Politik der Kanzlerin

Zur Erinnerung: Gegen den Willen der CDU-Führung beschlossen die Delegierten auf dem CDU-Parteitag in Hamburg im Dezember 2018 mit großer Mehrheit, dass die sogenannte Doppelverbeitragung von Betriebsrenten und Direktversicherungen zur Altersvorsorge abgeschafft werden solle. Es existierte sogar eine Referentenentwurf des Gesundheitsministers Jens Spahn. Die Doppelverbeitragungsopfer sahen das damals schon als großen Erfolg für ihre Sache. Allein die Kanzlerin blockierte und ließ die Rentner damit bis heute im Regen stehen.

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Merkel bügelt alle ab, auch ihren Gesundheitsminister Jens Spahn

Steht Scholz zu seinem Wort?

Jetzt wird Olaf Scholz bald die Regentschaft als Kanzler übernehmen, und da wird sich zeigen, wie er zu seinem Wort steht. Ausreden dahingehend, dass eine Mehrheit in der Koalition nicht für eine Änderung beziehungsweise Abschaffung dieses Sozialbetrugs zu finden sei, kann es jetzt nicht mehr geben. Denn auch die Liberalen, die sich zunächst hinter die Doppelverbeitragungsopfer und Direktversicherungsgeschädigten gestellt hatten, später dann allerdings umgeschwenkt waren, um jetzt wieder hinter den DVG-Forderungen zu stehen, haben eine Änderung versprochen. Das wurde beispielsweise im August beim DVG-Symposium im Hambacher Schloss und bei der DVG-Demo im November vor dem Brandenburger Tor in Berlin deutlich.

Ist die FDP umgekippt?

DVG-Mitglied Silver Vogel erinnert an diese Entwicklung und hat deshalb jetzt dem FDP-Parteichef und designierten Finanzminister einen Brief geschrieben. Auch mit Bezug auf die Koalitionsverhandlungen der vergangenen Wochen.

Zitat:

„Sehr geehrter Herr Lindner,

im Koalitionsvertrag sind bezüglich der Abschaffung der Doppelverbeitragung alle guten Vorsätze verloren gegangen. Mir ist aus dem Jahre 2003 bekannt, dass die FDP bei der Abstimmung im Bundestag vorbildlich gegen das GMG (Gesundheitsmodernisierungsgesetz) gestimmt hat. Die damals noch vorhandene Überzeugung der FDP fand in der Regierungsbeteiligung von 2005 bis 2013 ein jähes Ende und wendete sich ins Gegenteil. Die Fortführung dieses perfiden Gesetzes war nun auch im Sinne der FDP. Die Milliardenbeträge wurden ja nicht vom eigenen Klientel eingezogen. Dann verschwand die FDP bis auf weiteres im hohen Hause.

Nun kamen Sie, Herr Lindner. Mit klaren liberalen Vorstellungen machten Sie die Partei wieder attraktiv. Wählerwirksam wurde im Wahlprogramm 2021 die Abschaffung der Doppelverbeitragung als Ziel angekündigt. Im jetzigen Koalitionsvertrag der Ampel aber wurde es nicht einmal erwähnt.

Sind das die ersten Anzeichen einer neuen Schwächephase der FDP, nur um mitregieren zu dürfen? Haben Sie den über sechs Millionen Betroffenen mit Ihrem liberalen Gedankengut von einer eigenverantwortlichen Lebensweise und privaten Altersvorsorge nur etwas vorgespielt? Finden Sie es gut, Herr Lindner, dass Familienväter und Mütter, die ihre Altersvorsorge jahrzehntelang vom Lebensstandard abgetrotzt haben, im Nachhinein durch doppelte Beiträge bestraft werden? Ist es für Sie in Ordnung, dass abgeschlossene Verträge vom Staat per Gesetz umgewidmet und rückwirkend im Ergebnis bis zur Unkenntlichkeit verschlechtert werden?

Der ab 2020 geltende Freibetrag ist eine lächerliche Lieferung. Darin zeigt sich eine breite politische Respektlosigkeit gegenüber den Betroffenen. Ein Parteivorsitzender Ihres Formats muss sich seines Handelns bewusst sein und die soziale Sprengkraft in dieser Sache erkennen.

Mit freundlichem Gruß aus dem Stammland der FDP

Silver Ottmar Vogel“

Zitat Ende. Wir sind nun gespannt, ob und welche Antwort unser Mitglied aus der FDP-Zentrale bekommt. Derweil soll und darf die Bundeswehr der scheidenden Kanzlerin ordentlich den Marsch blasen.