von Reiner Korth 07.09.2025, Bild: Flyer des DVG
Das “Zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz” beseitigt die Mängel nicht
Gleich mehrere Nachrichtenportale und Redaktionen haben sich in der letzten Woche mit dem Thema “Altersvorsorge” auseinandergesetzt mit Bezug auf das “zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz” von Sozialministerin Bärbel Bas, welches in diesem Herbst im Bundestag beraten werden soll. So schreibt Die Zeit in ihrer Ausgabe vom 03.09.2025 “Gute Betriebsrenten tragen zur Lebensqualität im Alter bei, sagt Bärbel Bas” und das Handelsblatt titelt “Höchste Zeit, Altersvorsorge neu und ganzheitlich denken”.
Direktversicherungen bleiben ein Verlustgeschäft
Laut Die Zeit glaubt Finanzminister Lars Klingbeil, SPD, “Betriebsrenten trügen dazu bei, dass Menschen von ihrer Rente gut leben könnten.” Aber mit diesem Glauben stehen wohl Lars Klingbeil und Bärbel Bas ganz allein da. Direktversicherungen und Betriebsrenten sind weiterhin einem hohen Sparrisiko (Stichwort “Kein Bestandsschutz für Altverträge”) ausgesetzt. So zitiert Die Zeit die Vorstitzende des SoVD (Sozialverband Deutschland), Michaela Engelmeier mit den Worten “Doch sie (die betriebliche Altersversorgung) darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Drei-Säulen-Model gescheitert ist”. Die logische Folge ist, daß die Verbreitungsquote an Betriebsrenten zurückgeht. Die Riester-Rente stagniert, das Neugeschäft ist eingebrochen. Trotz staatlicher Förderung, von der vor allem die Betriebe profitieren und nicht der Arbeitnehmer, werden auch viele geförderte Direktversicherungen zum Verlustgeschäft mit 20 % Krankenkassenabgaben, zusätzlicher Steuerbelastung und rund zwei Punkte weniger in der staatlichen Rente (DRV) später im Alter. Diese hohen Abgaben kann keine noch so gute Rendite einer Direktversicherung je erwirtschaften.
Betriebsrenten sind seit 2003 zum Spielball der Politik geworden
Im Journal Banking des Handelsblattes vom 03.09.2025 wirbt der CEO von ING Deutschland, Lars Stoy ausschweifend für die staatlich geförderte “Frühstart- Rente” für Kinder ab 2026 (wer früher mit Sparen anfängt hat später mehr ?) und für eine “weiterentwickelte Riester-Rente”. Aber all diese Zahlen und Werbeversprechen dürfen über eines nicht hinwegtäuschen: Die Versicherungen rechnen mit “Brutttozahlen” und reden eben nicht über die staatlichen Abzüge. Denn, im “Netto” bleibt für den Rentner deutlich weniger übrig. Der Staat nimmt sich die Freiheit heraus, das haben wir erstmals mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) 2003 erlebt, jederzeit und auch nachträglich auf bereits geschlossene Sparverträge neue Beiträge und Abgaben zu erheben oder zu erhöhen. So mußten zum Beispiel die Direktversicherten plötzlich (und übernacht) ab 2004 auf ihre Kapitalauszahlungen 20 Prozent an Krankenversicherungsbeiträgen zahlen. Einen Bestandsschutz für Altverträge gab es nicht. Es gilt NICHT der Tag des Vertragsabschlusses, sondern das Datum der Auszahlung. Da wird der Verbraucherschutz mit Füßen getreten. Und Deutsche Sozialgerichte pfeifen diese staatliche Willkür der Politik nicht zurück. Ihr Urteil lautet: ein ausdrückliches Rückwirkungsverbot ist im Sozialrecht nicht erkennbar. Auf Hochdeutsch bedeutet das: der Staat kann zu jeder Zeit und in beliebiger Höhe die Abgaben auf Betriebsrenten und Direktversicherungen abändern. Vertrauensschutz ist nicht mehr gegeben, Verbraucherschutz wird ausgehebelt. Die Altersvorsorge ist zu einem hohen Sparerrisiko und zu einem Spielball der Politik geworden. Darum möge jeder Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin ganz genau prüfen, welche Risiken sie mit einem Neuabschluß einer Betriebsrente oder einer geförderten Direktversicherung eingehen. Und schauen, ob noch etwas übrig bleibt im “Netto”?
Wenn die betriebliche und die private Altersvorsorge wirklich wieder Sinn machen sollen, dann müssen sie wieder einen Gewinn abwerfen für den Rentner, dürfen nicht zum Verlustgeschäft werden. Die Botschaft lautet: runter mit den hohen Abgaben im Rentenalter und “ganz wichtig”: wieder politisches Vertrauen erwecken mit einem “Bestandschutz” zu jeder Zeit für bereits geschlossene Altverträge.
