Diese Altersvorsorge ist ein “Fehlkonstrukt”

Fehlkonstruktion

Text: Reiner Korth 08.07.2024
Bild: Jost Gerbing

Sowohl die betriebliche als auch die private Altersvorsorge bleiben auch weiterhin ein “Fehlkonstrukt”. In seinem Artikel vom 07.07.2024 macht das Hamburger Abendblatt dafür im wesentlichen die Arbeit der Lobbyisten aus der Versicherungswirtschaft verantwortlich, Zitate: “Die Ampel muß sich über die Lobbyisten hinwegsetzen” und “Förderung hilft vor allem den Anbietern.”

Erneut also werden den Politikern in Berlin die übergroßen Nachteile in der privaten Altersvorsorge vor Augen geführt. Hohe Verwaltungskosten bei den Versicheren und doppelte Krankenkassenbeiträge (ca. 20 %) bei den Rentenempfängern machen die Altersvorsorge unattraktiv und schrecken ab. In zahlreichen Fällen droht sogar ein anteiliger Verlust der eigenen Einzahlung: weniger ausbezahlt als netto eingezahlt.

“Riester ist durchgefallen”

So bewertet denn auch das Hamburger Abendblatt die Riester-Rente als “durchgefallen”. Viele Verträge würden ruhen, nicht weiter angespart und neue nicht mehr abgeschlossen.

Es zeigt sich erneut: auch die staatliche Förderung der betrieblichen Altersvorsorge in Höhe von mindestens 15 % durch den Arbeitgeber ist eine reine Mogelpackung und ein Lockvogel-Angebot. Die jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden in jungen Jahren mit “staatlicher Förderung” und “Steuern sparen” zu einem unbedachten und vorschnellem Vertragsabschluß gelockt. Und niemand klärt sie darüber auf, daß sie später in der Auszahlungsphase die Steuern dann nachzuzahlen müssen. Und ja, es fallen sogar die vollen Krankenkassenbeiträge an. Der sogenannte Arbeitnehmer- aber auch der Arbeitgeberanteil sind vollständig und alleinig vom Rentner zu zahlen. Die Sozialkosten, die sein Arbeitgeber in der Ansparphase gespart hat, zahlt dann der versicherte Arbeitnehmer später sozusagen “als Belohnung” zusätzlich noch oben drauf. Das ist ein ganz perfides Finanz- und Fördersystem, ein totales “Fehlkonstrukt” eben.

Und dann gibt es in der Regel auch noch zwei Rentenpunkte weniger wegen einer reduzierten Einzahlung in die Sozialversicherung.

Vorsorgesparer sind die großen Verlierer im System

Die “staatliche Förderung” in der Sparphase ist also in Wahrheit gar keine Förderung. Der Versicherte, der eine betriebliche Altersvorsorge anspart, bekommt später nämlich weniger staatliche Rente (ca. zwei Rentenpunkte Abzug) ausgezahlt. Diese Systematik allerdings stellt dann dieses angebliche “Vorsorgesystem” völlig auf den Kopf. Die betriebliche und die private Altersvorsorge waren ursprünglich mal als zusätzliche Absicherung für die Rentner gedacht, weil die staatliche Rente nicht ausreicht. Dank der Lobbyarbeit der Versicherungswirtschaft sind die Gesetze zur Altersvorsorge inzwischen aber völlig entstellt und zweckentfremdet. Es gibt zwei Gruppen, die an diesem System weidlich verdienen: die Versicherungswirtschaft durch hohe Verwaltungskosten und der Staat selber durch doppelte Sozialbeiträge und weniger Rentenzahlungen. Auf der Strecke bleibt die dritte Gruppe: die Rentnerinnen und Rentner. Eigentlich wollten sie für ihr Alter vorsorgen. Mit dieser hohen Abgabenlast allerdings zahlen sie drauf anstatt ihren Lebensabend finanziell gestärkt zu haben.

Bei jedem normalen Banksparplan wäre wahrscheinlich im Alter mehr übrig geblieben.

Rücksprache beim Bundesgesundheitsminister ist notwendig

Die Zeit ist reif, jetzt umzusteuern. Die Regierung in Berlin muß für eine grundlegende Renovierung der betrieblichen und der privaten Altersvorsorge sorgen. Im Herbst will das Bundesfinanzministerium einen neuen Gesetzentwurf zur Förderung der privaten und betrieblichen Altersvorsorge vorlegen, so Staatssekretär Florian Toncar. Vorher jedoch sollte das Finanzministerium dringendst Rücksprache mit dem Bundesgesundheitsminister halten. Jede staatliche Förderung in der Sparphase wird nämlich dann ad absurdum geführt, wenn das Gesundheitsministerium später 20% an Krankenkassenbeiträgen einfordert. Diese zusätzliche, hohe Abgabenlast kann keine Betriebsrente als Rendite erwirtschaften. Zum Vergleich: bei der staatlichen Rente fallen nur 9,7 % Krankenkassenbeiträge an.

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