Viele Bürgerinnen und Bürger wollen früher in Rente gehen. Dabei müssen sie oft aber Abschläge bei der Rentenhöhe in Kauf nehmen. Wer dies vermeiden will, kann vorher Ausgleichszahlungen leisten. Der DVG – Verein der Direktversicherungsgeschädigten e.V. fragt kritisch nach.
Früher die Rente beantragen, das ist weiterhin möglich. Doch für die meisten Beschäftigten bedeutet es, eine geringere Rentenzahlung in Kauf zu nehmen, und zwar für den Rest des Lebens. Es sei denn, man investiert selbst in die eigene Rentenhöhe, wie einige Medien in dieser Woche berichteten.
Kurzum: Ohne Abschläge in Rente zu gehen – und das auch noch früher – das ist nur für „besonders langjährig Versicherte“ mit 45 Beitragsjahren möglich. Genau wie die Regelaltersgrenze ist allerdings auch das frühestmögliche Renteneintrittsalter für diese Rentenform immer weiter gestiegen. Geburtsjahrgänge ab 1964 müssen bis 65 Jahre arbeiten, um sie in Anspruch zu nehmen. Die sogenannte „Rente mit 63“ ohne Abschläge gab es nur für die Jahrgänge bis 1952. Die Regelaltersgrenze für die gesetzliche Rente liegt inzwischen bei 67 Jahren.
Kein Spaß: 50 Jahre und mindestens 35 Versicherungsjahre
Wer früher die gesetzliche Rente beantragen will und keine 45 Versichertenjahre erreichen kann, der könnte zwar ab 63 in den Ruhestand gehen, doch das hat seinen Preis: Jeder Monat, den man vor der Regelaltersgrenze 67 früher Rente beziehen will, kürzt die Rente um 0,3 Prozent. Bei Rentenstart mit 63 statt mit 67 summieren sich die Abzüge damit auf 14,4 Prozent! wie Experten ausgerechnet haben.
Diese „Minderung der Rente“ bleibt während der gesamten Rentenphase erhalten. Doch der Gesetzgeber hat die Möglichkeit vorgesehen, die Rentenabschläge durch eigene Einzahlungen auszugleichen, Das heißt, wer jetzt Minimum 50 Jahre alt ist und mindestens 35 Versicherungsjahre erfüllen kann, der mit Ausgleichszahlungen sein Rentenniveau aufstocken.
Anträge gibt es bei der Deutschen Rentenversicherung
Beantragt werden muss diese Ausgleichszahlungen über ein besonders Formular, das auf den Internetseiten der Rentenversicherung ausgefüllt werden kann, das so genannte „Formular V0210“
Hierbei gebe muss der Rentenversicherungsträger dann ausrechnen, wie hoch sich die Rente beim gewünschten Rententermin betragen wird.
Die Differenz zwischen der Rente mit 67 und der Rente zum Wunschtermin ist die so genannte Rentenminderung. Dieser Bescheid, den Versicherte nach eigenen Wochen bekommen, enthält einen Ausgleichsbetrag, der diese Rentenminderung wettmachen würde.
Dieser Betrag kann dann innerhalb von drei Monaten auf das Rentenkonto eingezahlt werden, es könne aber auch nur ein Teil der Summe gezahlt werden, oder die Zahlung könne in mehreren Raten vorgenommen werden, so die Experten.
Wert der Rentenpunkte an Verdienst gekoppelt
Für die Einzahlungen werden so genannte „Rentenpunkte“ gekauft. Ein Rentenpunkt ist gewissermaßen die Währung, in der das eigene Rentenkonto geführt wird. Die Anzahl der Rentenpunkte ergeben zusammen mit mehreren anderen Faktoren die Rentenhöhe. Der Wert eines Rentenpunktes richtet sich stets nach dem Durchschnittverdienst der in Deutschland Beschäftigten im jeweiligen Jahr. Im laufenden Jahr kostet ein Rentenpunkt in den alten Bundesländern 8.437 Euro und in den neuen Bundesländern 8.320 Euro
Über den Kauf von Rentenpunkten mit der Ausgleichszahlung sichert man sich also auch den Preis im jeweiligen Jahr. Dieser Preis ist in den vergangenen Jahren fast immer gestiegen, weil die Löhne und Gehälter sich gleichfalls nach oben entwickelt haben.
Steuervorteile bei Ausgleichszahlungen
Wer sich für eine Sonderzahlung aufs eigene Rentenkonto entscheidet, kann diese innerhalb bestimmter Grenzen zu 100 Prozent als Altersvorsorgeaufwendungen geltend machen. Diese Grenze liegt bei 27.566 Euro bei Alleinstehenden und 55.132 Euro bei Verheirateten, pro Jahr.
Allerdings werden dazu auch bereits die Rentenbeiträge gezählt, die Beschäftigte auf ihr Gehalt abführen.
Wenn also ein Versicherter 50.000 Euro verdient, dann werden 9.300 Euro von Arbeitnehmern und Arbeitgebern Rentenbeiträge gezahlt. Diese 9.300 Euro müssen von dem Maximalbetrag abgezogen werden.
Es verbleiben damit bei einem ledigen Versicherten rund 18.000 Euro pro Jahr, die steuermindernd eingezahlt werden können.
Experter empfehlen daher, die Zahlungen auf zwei oder mehr Jahre zu strecken, um die Steuervorteile voll nutzen zu können. Es lohnt sich also nur der steuerlich absetzbare Betrag.
Jeder entscheidet für sich
Ob sich eine Einzahlung ins eigene Rentenkonto lohnt, müsse Jeder und Jede individuell entscheiden. Der Vorteil der Ausgleichszahlung ist auf jeden Fall, dass ich bis Lebzeitende monatlich eine Rentenzahlung bekomme, die dann auch regelmäßig an die Lohnentwicklung angepasst wird.
Sicherheitsbewusste Frührentner dürften damit eine Sonderzahlung in die Rente einer privaten Vorsorge etwa über den Aktienmarkt vorziehen, so die Medienberichte.
Die Ausgleichszahlung in die gesetzliche Rente verpflichtet nicht dazu, einen Rentenantrag wirklich früher zu stellen. Beschäftige, die etwa eine Rentenminderung von 14,4 Prozent ausgeglichen haben, weil sie beim Antrag den Rentenstart mit 63 angepeilt hatten, können trotzdem weiterarbeiten. Sie sammeln dann weitere Rentenpunkte oder Rentenansprüche an und erhöhen so ihre Rente weiter – bis zum tatsächlichen Rentenstart.
Das ist für viele auch dringend nötig, denn eine zusätzliche Altersvorsorge wird vom Gesetzgeber ungerechtfertigterweise und weiterhin ungehindert geschröpft: die Doppelverbeitragung auf Sozialversicherungsbeiträge der Krankenkasse und Pflegeversicherung im Rahmen von Direktversicherungen. Darauf verweist Andreas Reich, Vorstandsmitglied vom Verein der Direktversicherungsgeschädigten e.V. hin und fordert vehement die Abschaffung der Doppelverbeitragung.
Text: Thomas Kießling
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