Diese Sendung des ZDF ist durchaus kritikwürdig.
Ein Kommentar von Dr. Rainer Ochmann 27.01.2025
Bild: ZDF
Die eigentliche “Wahrheit” über die Rente wird in dieser ZDF Sendung leider nur in Teilen erklärt. Gleichzeitig wird über die Rentenbezieher ein Bild erzeugt, das wohl eher den Vorstellungen am Stammtisch und nicht der Realität entspricht.
Die Rentner:
Luxusreisende Partygänger auf Kreuzfahrt auf der einen Seite und Almosen empfangende Pflegebedürftige auf der anderen Seite, dazwischen die Schnitzel essenden Biertrinker im überfüllten Restaurant Deutschland. Im wahren Restaurant Deutschland würde der Familienbetrieb wohl eher von der Generation der 30- bis 40-jährigen bewirtschaftet, unterstützt vom Großvater, der neben den Anstrengungen des Rentenbezugs noch in der überbordenden Buchhaltung und in der Warenbeschaffung mithilft. Mit seiner Frau – der Großmutter – teilt er sich einen Teil der Enkelbetreuung. Und nebenbei sind beide noch ehrenamtlich im lokalen Schwimmverein tätig, um dort den seit Jahren ausfallenden Schwimmunterricht für Grundschulkinder wieder neu aufzubauen.
Und – ach so – der Laden ist gar nicht so voll. Es geht anderen Rentnern ähnlich. Sie hätten wohl das Geld für das Schnitzel beisammen, aber nicht die Zeit, so oft zu kommen. Zum Glück sind viele von ihnen rüstig und arbeiten meist ehrenamtlich (siehe oben). Und diese Rentner würden sich außerdem anständig benehmen und nicht die Bedienung – wie in der im ZDF-Beitrag gezeigten Art – anpöbeln.
Diese Rentnergeneration hat sich einen finanziellen Anspruch erarbeitet
Das Wahre und Halbwahre am Rentensystem
Wahr ist – wie von den Wirtschaftsweisen beschrieben – dass das Umlagesystem der Rente angesichts der demografischen Entwicklung nicht funktionieren kann. Sehr zutreffend sind auch die Äußerungen von Herrn Müntefering.
Wahr ist weiterhin, dass die heutige Rentnergeneration über mehr Geld verfügt als ihre Vorgänger.
Zur Wahrheit gehört aber auch: die jetzige Rentnergeneration hat dafür etwas geleistet. Sie hat den Wohlstand dafür geschaffen. Wer im Jahr 2025 in Rente geht und auf 45 Berufsjahre zurückblickt, der hatte anfangs durchaus noch an sechs Tagen in der Woche gearbeitet, der kannte Wochenarbeitszeiten von 40 Stunden und mehr. Dreißig Tage Urlaub hatten nur die wenigsten und nach der Geburt eines Kindes hat der junge Vater drei Wochen seines Jahresurlaubs genommen. Elternzeit gab es nicht!
Im Jahr 1980 hat ein Arbeitnehmer für ein Einkommen von maximal 2200 € monatlich Rentenbeiträge gezahlt. Im Jahr 2025 ist diese Beitragsbemessungsgrenze auf die absurde Höhe von 8050 € Monatsverdienst angestiegen. Wer seit 1980 gut verdient hat und immer an dieser Grenze eingezahlt hat, kann auf ein in die DRV netto “eingezahltes Beitragsvermögen” von etwa einer halben Million Euro blicken – mit Zins und Zinseszinsen über diesen Zeitraum wäre in der Privatanlage sogar auf einem renditeschwachen Tagesgeldkonto ein Betrag von einer Million Euro angespart gewesen. Auch ein Durchschnittsverdiener hätte die halbe Million Euro an angespartem Altersvermögen erreicht!
Der Beitrag verschweigt eine weitere Wahrheit der deutschen Rentenversicherung: die tatsächliche Höhe der Einzahlungen verschwimmt im Nebel eines Systems der Rentenpunkte. Das lädt dazu ein, dass Politiker sich aus dem Rentensystem reichlich an Umlagen für vermeintlich soziale Leistungen bedienen, die nicht dem Leistungsprinzip der Einzahlungen entsprechen – die so titulierten “versicherungsfremden Leistungen”. Die Beitragszahler haben keinen Überblick über ihren eigenen “wahren Kontostand“ bei der DRV.
Den im Beispiel gezeigten Kreuzfahrern hätte man im Berufsleben deutlich weniger von ihrem Einkommen abnehmen dürfen. Nur so viel, dass eine gute Grundsicherung gewährleistet wäre. Den Rest hätten sie selbst privat anlegen können. Wahrscheinlich wäre ihnen dann mehr geblieben – und sie hätten eine deutlich längere Kreuzfahrt finanzieren können, ohne sich dafür entschuldigen zu müssen, dass sie 45 Jahre ordentlich und fleißig gearbeitet haben. Sie könnten auch darauf reagieren, dass sie fit und gesund auch im hohen Alter sind, und mit ihren Rücklagen sparsamer umgehen – das stünde ihnen frei. Das allerdings unter der Voraussetzung, dass es keine Doppelverbeitragung der angesparten Altersvorsorge gibt – so wie es der DVG seit langem fordert!
Der ZDF-Beitrag vermittelt den Eindruck, die heutigen Rentner lebten auf Kosten der jungen Generation – nein, sie leben von ihren eigenen erbrachten Leistungen.
Die junge Generation muss ausbaden, dass das Leistungsprinzip, das ursprünglich dem Rentensystem zugrunde lag, in Teilen zugunsten eines Umverteilungssystems geändert wurde. Das treibt die Beiträge in die Höhe.
Jochen Breyer hat mit seinem Beitrag einer sachlich orientierten Diskussion um die Fortentwicklung des deutschen Rentensystems einen Bärendienst erwiesen. Er bedient leider zu sehr das Narrativ “Alte versus Junge” und verschleiert die wahren Probleme – die vielleicht auch zu wenige sehen wollen.