Was Sozialgerichte und Politik nicht erkennen wollen

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Text: Reinhold Birth 27.09.2025,       Bild:

 

Artikel 20 Grundgesetz

(1)  Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2)  Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen
und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3)  Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind          an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand,         wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Dieser Artikel ist immer noch gültig und das Fundament unseres Rechtsstaates. Seine Verfassungsgrundsätze und das Widerstandsrecht dürfen in seinem ursprünglichen Bestand und Sinngehalt nicht verändert werden.

Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden

Das heißt doch aber, dass der Gesetzgeber mit dem GMG vom November 2003 und die Sozialgerichte dagegen verstoßen haben – das hätte das Bundesverfassungsgericht feststellen müssen – stattdessen hat es die Beschwerde nicht angenommen. Greift da nicht Absatz 4 des Artikel 20 – siehe oben?

Die Deutsche Rentenversicherung erklärt im Renten ABC auf Seite 50 Weder der Gesetzgeber noch seine nachgeordnete Verwaltung dürfen eigenständig Gesetze beschließen, die nachteilig die Lebensplanungen ihrer Bürger verändern – (wenn sie das doch tun, dann) dürfen die Gesetzesänderungen nur zukunftsorientiert und mit Übergangsregeln bzw. Ausnahmen geregelt werden.

Daran hat sich niemand gehalten – wie kann das sein, dass das bisweilen hingenommen wird?

Wichtige Ausprägungen sind dabei die Rechtssicherheit (Klarheit des Gesetzes), der Zugang zu unabhängigen Gerichten (sind sie das wirklich?) und das Prinzip der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handeln – ist alles noch im Gleichgewicht?

Die Zeit bringt es mit sich, dass wir Inzwischen zwei Gruppen haben:

  1. Mitglieder, mit Verträgen vor 2004
  2. Mitglieder, mit Verträgen nach 2004

Wir kämpfen für beide, denn wir wollen, dass dieser Mist ein Ende hat und sagen auch allen Jüngeren: “lasst die Finger von dieser Altersvorsorge – es gibt wirklich etwas Besseres bei dem euch keine 20 % Eurer Sparleistung genommen werden und ihr heute noch obendrein die Steuern zahlen müsst.

Die Sozialgerichte berufen sich unverändert auf Urteile des Bundessozialgerichts, wie dieses: BSG vom 30.03.2011, „Az.: B 12 KR 16/10 R“ / siehe: https://openjur.de/u/169327.html. Hier wird nicht nach vererbbaren Einkommen oder aus Bonuszahlungen unterschieden und alles dem Rentenähnlichen Einkommen nach §237 SGB V vereinnahmt. Ob Sie sich für die Betriebsrente oder die Kapitalauszahlung entscheiden, ist egal – beide zahlen das Gleiche – der eine nur etwas schneller auf 10 Jahre begrenzt – dafür das Doppelte – der andere lebenslang. Der Vertrauensschutz ist gestrichen.

Die Richter spielen mit, berufen sich auf das höchstrichterliche Urteil und das oberste Gericht lässt keine Beschwerden zu – Rechtsstaat adé.

Die Folge ist, dein Erspartes steht dir nicht mehr – wie geplant zur Verfügung. Die Rechtslage, die zum Zeitpunkt deines Vertragsabschlusses gegolten hat, wurde einfach geändert.

Das Bundessozialgericht streicht den Vertrauensschutz und das Bundesverfassungsgericht entscheidet die Nichtannahme – begründet, dass der Beschwerdeführer sich nicht ausreichend mit dem Vertrauensverlust auseinandergesetzt hat – siehe: BVerfG, Beschluss vom 17.06.2020, Az.: 1BvR 1134/15

/https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/06/rk20200617_1bvr113415.html

Wollen wir das hinnehmen?

Und wie verhält es sich bei der weiteren Prüfung des Grundgesetzes?

  • Ist die Menschenwürde nicht verletzt, wenn dir etwas gestohlen wird?
  • Wird dir die freie Entfaltung gegeben, wie du deinen Lebensabend verbringen möchtest möchtest?
  • Sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich, oder?
  • Sind Riesterverträge besser gestellt, weil hier die Doppelverbeitragung nicht angewandt wird?
  • Hat man 2004 ausschließlich die Betriebsrentner mit der Doppelverbeitragung belastet?
  • Werden die DV-Geschädigten durch die 120er Regelung nicht doppelt so hoch belastet, als alle anderen Rentner?
  • Haben Rentner bei dem gleichen Beitragssatz wie die Arbeitnehmer auch Anspruch auf Krankengeld?
  • Wird im Sozialrecht, wie im Steuerrecht der Vertrauensschutz gewährt?

Und was ist mit dem Eigentumsschutz nach Artikel 14 GG – wird anerkannt, dass deine Beitträge an die Lebensversicherung aus deinem versteuerten und verbeitragten in deinem Eigentum befindlichen Gehalt finanziert wurde?

Sozialrichter haben eine große Verantwortung, für eine gerechte Gesellschaft zu sorgen und als 3. Gewalt unseres Rechtsstaates den Gesetzgeber zu kontrollieren. Dieser Verantwortung kommen sie nicht nach, denn ihre Unabhängigkeit steht nur noch auf dem Papier, weil kein eigenständiges Urteil sprechen, sondern sich ausschließlich auf das Bundessozialgericht berufen.

Wenn aber politisch gewollt ist, dass die Menschen für ihr Alter vorsorgen, um sie dann mit höheren Kranken- und Pflegekassenbeiträge zu belasten, verlieren die Menschen das Vertrauen in den Rechtsstaat. (so oder so ähnlich eine der Thesen des SPD-Fraktionsvorsitzenden Mathias Miersch).

In der Schule haben wir gelernt, dass Richter unabhängig sind – dieser Rechtsgrundsatz wird wegen derer Karriere oder Pension Willen nicht mehr praktiziert – eine Richterin sagte dazu: „wir haben keine Lust, ständig die Gesetze zu ändern.“ Deren Aufgabe ist ja auch Recht zu sprechen – und zwar nach eigenem Ermessen und Gewissen.

Der geschätzte Bundestagsabgeordnete (1998 bis 2021) Hans Jürgen Irmer hat dazu am 28.03.2018 in den Tagesthemen treffend gesagt: „Es mag rechtlich korrekt sein, aber moralisch korrekt ist es nicht“

 Ist die Moral also an der Garderobe abgegeben?

Sind dafür auch die öffentlichen Äußerungen von Altbundeskanzler Scholz – der die beschriebene Rechtslage als Mist bezeichnet hat und auch versprochen hat, das zu ändern – Beleg? Als Beispiele seien genannt die gefilmten Dokumentationen  am:

  • 09.2021 (Wahlkampfveranstaltung in Münster)
  • 09.2022 (Bürgerdialog in Essen)
  • 01.2023 (aktuelle Stunde im Bundestag)
  • 05.2023 (Bürgerversammlung Bendorf)
  • 11.2023 (aktuelle Stunde im Bundestag) oder
  • 02.2024 (Kanzlergespräch in Dresden), (verdammt noch mal) warum versteht das denn keiner?