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Für Massen-Corona-Tests ist genug Geld da, für Entlastungen von Direktversicherten und Betriebsrentner offenbar nicht. Zu diesem Schluss muss kommen, wer mit CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak redet. Auch bei anderen sozialpolitischen Entscheidungen misst die CDU mit zweierlei Maß.

Corona-Massen-Tests und Krankenkassenbeiträge von Empfänger des Arbeitslosengeldes II zahlt nicht etwa die Gesellschaft, sondern Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen (GKV), obwohl es doch staatliche Aufgabe ist. Darüber und über die Folgen des rückwirkend beschlossenen Gesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) sprachen Mitte September die Vorstandsmitglieder des Vereins der Direktversicherungsgeschädigten (DVG), Reiner Korth und Dr. Thomas Hintsch mit CDU-Generalsekretär Paul  Ziemiak und der Bundestagsabgeordneten Ursula Groden-Kranich (CDU).

Das Trostpflaster Betriebsrentenfreibetragsgesetz (GKV-BRG), das den Geschädigten einen Freibetrag von zurzeit 159,25 Euro zugesteht, ist nur ein zaghafter Versuch das Unrecht des GMG auszugleichen. Eigentlich hätte es mehr sein müssen, wenn es nach den Parteitagsbeschlüssen der CDU vom Dezember 2018 in Hamburg und vom November 2019 in Leipzig ginge. Auf beiden Parteitagen – und auch auf dem CSU-Parteitag im Oktober 2019 – hatte sich die Mehrheit der Delegierten für die Halbierung des Krankenkassenbeitrag auf Betriebsrenten und Direktversicherungen ausgesprochen.

Und was antwortet Ziemiak? Nicht alle Beschlüsse einer Partei könnte auch automatisch in einer Regierungskoalition umgesetzt werden, es müssten  Kompromisse gemacht werden. So viel zu basisdemokratischen Beschlüssen der Union.

CDU misst mit zweierlei Maß

In diesem Zusammenhang richteten Korth und Hintsch auch die Frage an Ziemiak, warum der gültige Koalitionsbeschluss von 2018 noch immer nicht umgesetzt worden sei, wonach die Unterfinanzierung  der Krankenkassenbeiträge für ALG-II- Leistungen bei der GKV aus Steuermitteln zu kompensieren ist.  Es handelt sich hierbei um eine sozialpolitische Aufgabe des gesamten Staates. Alle  Bürger müssen sich daran beteiligen.  Eine Last, die zurzeit aber nur die Einzahler in die GKV allein tragen müssen.  Ziemiak versprach, diese Fragestellung intern zu klären und im Nachgang schriftlich zu beantworten.

Das dicke Ende kommt noch

Ziemiak schwor die Gesellschaft schon mal auf weit größere Lasten ein. Aus Sicht der CDU werde die Gesellschaft – und die Krankenkassen – als Folge der Corona-Epidemie noch größere Lasten zu tragen haben. Die Rentner stünden heute gut dar, weil die Rente ja weitergezahlt werde und sie nicht befürchten müssten, arbeitslos zu werden.

Die DVG-Vorstandsmitglieder entgegneten Ziemiak, sie sähen eine große Ungerechtigkeit darin, dass Millionen an Urlaubsrückkehrern und aus Familienheimfahrten alle einen kostenlosen Corona-Test machen können. Dafür sei offensichtlich genug Geld dar. Das passe nicht zusammen.

Weiteres Thema des Gesprächs war die  „Privilegierung“ der Riester-Rente, ebenfalls ein Baustein der privaten Altersvorsorge. Sie ist seit Januar 2018 beitragsfrei gestellt, anders als Direktversicherungen. Der DVG sieht auch darin eine große Ungleichheit in der Altersvorsorge: Die Riester-Rente ist beitragsfrei, die Direktversicherung aber nicht – ein Widerspruch. Ziemiak versprach, die Gründe für die einseitige Privilegierung zu klären und in seiner schriftlichen Antwort mitzuteilen.

Kein Spielraum für Entlastungen

Ziemiak verdeutlichte, dass das Betriebsrentenfreibetragsgesetz (159,25 Euro Freibetrag) insbesondere für die kleinen Betriebsrenten eine Entlastung gebracht habe. Betriebsrenten bis 320 Euro zahlen maximal den hälftigen Beitrag. Das betreffe immerhin 60 Prozent aller Betriebsrentner und bedeute eine jährliche Entlastung von 1.2 Milliarden Euro. Weiteren Spielraum für Entlastungen sieht die CDU in dieser Legislaturperiode nicht mehr, so Ziemiak.

Selbstverständlich konnten in der geringen zur Verfügung stehenden Zeit bei weitem nicht alle unsere Argumente vorgetragen werden. Da uns die CDU aus Gründen der Corona-Bedingungen keinen persönlichen Gesprächstermin in Berlin gegeben hat, werden wir uns in Anknüpfung an diesen Kontakt demnächst in einem ausführlichen Schreiben nochmals direkt an Generalsekretär Paul  Ziemiak und die CDU wenden.

Foto: Paul Ziemiak, Pressefoto: CDU / Steffen Böttcher