In lockerer Folge stellen wir die Wahlprogramme der Parteien vor, vor allem unter dem Aspekt der Renten- und Sozialpolitik. Den Anfang machten die Linken, dann die SPD, jetzt das Wahlprogramm der FDP.
Was will die FDP? Ein Blick in das Wahlprogramm mit unserem speziellen Fokus auf Rente und Sozialpolitik zeigt, was die Partei will – die Umsetzung steht auf einem anderen Blatt.
Bisher erschienen:
Wahlprogramm der FDP:
Doppelbesteuerung von Renten verhindern
Wir Freie Demokraten wollen eine Doppelbesteuerung von Renten verhindern und die Beweislastumkehr zugunsten der Steuerpflichtigen einführen. Dies gilt für alle Rentenbezieher, besonders für Selbstständige, bei denen die Gefahr einer Doppelbesteuerung am größten ist. Die Rentenkassen und die Finanzverwaltung sollen dazu detaillierte und individuelle Berechnungen vorlegen. Damit soll ersichtlich werden, ob und wie es zu einer doppelten Besteuerung von Renteneinkünften kommt.
Spekulationsfrist einführen – Sparerfreibetrag erhöhen
Wir Freie Demokraten wollen die Wiedereinführung einer Spekulationsfrist von drei Jahren für private Veräußerungsgewinne aus Wertpapieren. Den Sparerfreibetrag wollen wir deutlich anheben. Sparer und Kleinanleger sollen entlastet werden. Wir wollen die langfristige Kapitalanlage in Unternehmen attraktiver gestalten, damit mehr Menschen beim Sparen und bei der Altersvorsorge an den Wachstumsgewinnen teilhaben können.
„Fünf Mal 1.000 Euro“ – Weiterbildung, Eigentum und Altersvorsorge
Wir Freie Demokraten wollen mit der Formel „fünf Mal 1.000 Euro“ Bildungs-, Sozial- und Wirtschaftspolitik verbinden: Unser konkreter Vorschlag lautet: bis zu 1.000 Euro beim MidlifeBAföG, 1.000 Euro steuerlicher Freibetrag für arbeitgeberfinanzierte Weiterbildungen, in einem ersten Schritt zusätzliche 1.000 Euro Steuerfreibetrag für Mitarbeiterkapitalbeteiligung, ein anfänglicher Startbonus von 1.000 Euro in der gesetzlichen Aktienrente, der perspektivisch weiter steigt, für jedes neu geborene Kind und 1.000 Euro Sparer-Pauschbetrag. Damit stärken wir das Eigentum in der Mitte der Gesellschaft und die Chancen auf Weiterbildung und Aufstieg für jede und jeden.
Drei-Säulen-Modell für Pflege
Wir Freie Demokraten setzen uns für eine nachhaltige, generationengerechte Finanzierung der Pflege ein. Wir wollen mittelfristig analog zur Rente ein Drei-Säulen-Modell für die Pflege bestehend aus Umlagefinanzierung, privater und betrieblicher Vorsorge einführen. Eine Pflege-Vollversicherung lehnen wir ab, ebenso eine Bürgerversicherung. Eigenverantwortung endet nicht bei der Pflegebedürftigkeit. Mit Blick auf den demographischen Wandel sowie die Entwicklung der Sozialabgaben ist es unvertretbar, die Pflegefinanzierung allein auf zukünftige Generationen abzuwälzen.
Enkelfitte Rente
Vor dem Hintergrund der Herausforderungen des demographischen Wandels und des Wandels am Arbeitsmarkt ist es zwingend, das Altersvorsorgesystem zu modernisieren, nachhaltig finanzierbar zu gestalten und den kapitalgedeckten Teil der Altersvorsorge zu stärken. Wir Freie Demokraten wollen so die Rente enkelfit machen.
Altersvorsorge nach dem Baukastenprinzip
Wir Freie Demokraten wollen die Altersvorsorge dabei nach dem Baukastenprinzip organisieren. So können Bausteine aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge je nach Lebenslage flexibel kombiniert und an moderne Lebensläufe angepasst werden. Alle Ansprüche aus diesem „Rentenbaukasten“ sollen bei Wechseln zwischen Arbeitgebern oder zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit flexibel mitgenommen werden können.
Flexiblen Renteneintritt ermöglichen
Wir Freie Demokraten wollen das Renteneintrittsalter nach schwedischem Vorbild flexibilisieren. Wer früher in Rente geht, bekommt eine geringere, wer später geht, eine höhere Rente. Wer das 60. Lebensjahr und mit allen Altersvorsorgeansprüchen mindestens das Grundsicherungsniveau erreicht, soll selbst entscheiden, wann der Ruhestand beginnt. Zuverdienstgrenzen schaffen wir ab, Teilrenten sind unkompliziert möglich. Das sorgt zum einen für mehr finanzielle Stabilität, weil die Menschen im Schnitt länger im Beruf bleiben. Zum anderen passt ein flexibler Renteneintritt besser zu vielfältigen Lebensläufen. Die Erwerbsminderungsrente stärken wir. Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann, braucht eine starke Unterstützung.
Gesetzliche Aktienrente einführen
Wir Freie Demokraten fordern die Einführung einer Gesetzlichen Aktienrente. Daher schlagen wir vor, die verpflichtende erste Säule unseres Rentensystems künftig auf zwei Pfeiler zu stellen, so endlich für Demographie-Festigkeit zu sorgen und langfristig das Rentenniveau dort wieder zu steigern. Dabei wird genau derselbe Anteil wie bisher für die Altersvorsorge aufgewendet – wie üblich aufgeteilt in Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeitrag. Neu ist, dass neben dem größeren Betrag, der weiter in die umlagefinanzierte Rentenversicherung fließt, ein kleinerer Betrag von zum Beispiel zwei Prozent des Bruttoeinkommens in eine langfristige, chancenorientierte und kapitalgedeckte Altersvorsorge angelegt wird, die als Fonds unabhängig verwaltet wird, eben die Gesetzliche Aktienrente. Schweden macht uns seit Jahren vor, wie Aktien-Sparen so erfolgreich und risikoarm organisiert werden kann. Durch unser Modell erwerben zukünftig alle Beitragszahlerinnen und Beitragszahler – und insbesondere auch Geringverdiener – echtes Eigentum für ihre Altersvorsorge und erhalten höhere Altersrenten.
Basis-Rente einführen – Altersarmut gezielt bekämpfen
Wir Freie Demokraten wollen eine Basis-Rente einführen. Wer gearbeitet und eingezahlt hat, muss im Alter immer mehr haben als die Grundsicherung und auch mehr als derjenige, der das nicht getan hat. Dies erreichen wir durch einen Freibetrag bei der Grundsicherung im Alter für Einkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Beantragung und Auszahlung der Basis-Rente wollen wir unter dem Dach der Rentenversicherung zusammenführen. Der Gang zum Sozialamt entfällt, Altersarmut wird fair und gezielt bekämpft.
Betriebliche Altersversorgung verbessern – Doppelverbeitragung abschaffen
Wir Freie Demokraten wollen die betriebliche Altersvorsorge stärken und die gesetzlichen Regelungen attraktiver machen. Die Möglichkeit zu breiteren Anlageformen und insbesondere höheren Aktienquoten haben nur tarifgebundene Unternehmen. Wir wollen allen Unternehmen die Möglichkeit einer „reinen Beitragszusage“ (höheren Aktienanteil) und des automatischen Einbezugs ganzer Belegschaften (mit Opt-Out-Möglichkeit für den einzelnen Beschäftigten) geben. Zudem muss die Doppelverbeitragung in der Krankenkasse für alle Wege betrieblicher und privater Vorsorge beendet werden, denn sie untergräbt das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Politik.
Altersvorsorge-Depot einführen
Wir Freie Demokraten wollen ein „Altersvorsorge-Depot“ einführen. Ohne obligatorischen Versicherungsmantel vereinen wir so das Beste aus Riester-Rente (Zulagen-Förderung), Rürup-Rente (steuerliche Förderung) und dem amerikanischen Modell „401K“ (Flexibilität und Rendite-Chancen). Ansprüche aus der Altersversorgung müssen übertragbar (Portabilität) und ein Anbieterwechsel möglich sein. Dies stärkt den Wettbewerb und macht private Altersvorsorge für alle attraktiver.
Bessere Investitionsmöglichkeiten für Altersvorsorge – Anlagevorschriften öffnen
Wir Freie Demokraten wollen es Lebensversicherern, Pensionskassen und Versorgungswerken ermöglichen, vermehrt und einfacher in Wagniskapital, Startups, Aktien oder Infrastrukturprojekte zu investieren. Auch die Anlagevorschriften bei der staatlich geförderten Altersvorsorge, zum Beispiel bei Riester-Verträgen, wollen wir öffnen. Der Wohn-Riester bleibt erhalten. Die Sparer sollen selbst über Renditechancen, Anlageformen und Anlagedauer entscheiden. Das öffnet auch die europaweite Altersvorsorge (PEPP) für die staatliche Förderung in Deutschland. Dabei bieten Aktien und alternative Anlageformen gerade bei langen Anlagezeiträumen höhere Renditechancen bei geringem Risiko. Zudem muss die geförderte Altersvorsorge einfacher und verbraucherfreundlicher werden.
Fairness für alle Generationen
Eine weitsichtige Finanz- und Sozialpolitik, die morgen und übermorgen im Blick hat, ist entscheidend für die Zukunftschancen des ganzen Landes. Daher machen wir uns stark für zukunftsfeste Sozialsysteme und Fairness für alle Generationen.
Schuldenbremse 2.0 für Sozialversicherungen
Wir Freie Demokraten wollen eine „Schuldenbremse 2.0“ für die Sozialversicherungen. Sie soll festschreiben, dass versicherungsfremde Leistungen künftig vollständig aus dem Bundeshaushalt finanziert werden müssen. Dies ist notwendig, um die nachhaltige Finanzierung der Sozialversicherungen zu sichern. Dabei streben wir keine Kürzung der Leistungen an, sondern deren korrekte Zuordnung. Im Gegenzug muss der Bund ihnen aber die Kosten erstatten.
Generationengerechtigkeit in der Rentenanpassungsformel
Wir Freie Demokraten wollen wirksame demographische Faktoren in der Rentenanpassungsformel für einen gerechten Ausgleich zwischen den Generationen. Dazu muss neben anderem auch der Nachholfaktor in der Rentenanpassungsformel reaktiviert werden. Dieser wurde 2008 eingeführt und sorgte für Gleichklang bei der Entwicklung von Löhnen und Renten, bis ihn die Große Koalition ausgesetzt und damit der jüngeren Generationen Zusatzlasten aufgebürdet hat. Ohne Nachholfaktor müssen die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler finanzieren, dass die Renten langfristig stärker steigen als die Löhne.
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