Werden die Rentner wieder betrogen?

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Von wegen „Bündnis für Freiheit und Gerechtigkeit“ – der Koalitionsvertrag wird dem Anspruch nicht gerecht, vor allem den Rentner gegenüber.

Von Michael Rahnefeld

Der Titel des neuen Koalitionsvertrages lautet „Bündnis für Freiheit und Gerechtigkeit“. Direktversicherungsgeschädigte (dvg-ev.org) erinnern sich noch sehr gut an den Auftritt von Olaf Scholz am 24. September in Münster. Dort versicherte der designierte Kanzler vor laufender Videokamera, die „Doppelverbeitragung“ auf alle betrieblichen Direktversicherungen bei einer Regierungsbeteiligung abzuschaffen. Denn es werden seit 2004 etwa 20 Prozent (Freibetrag 164,50 Euro) bei allen Formen der betrieblichen Altersvorsorge durch nie vereinbarte Sozialabzüge gekürzt. Auch bei Verträgen, bei denen die Beiträge aus dem schon sozialverbeitragten „Netto“ bedient wurden.

Rentner sind die Dummen

Auch die FDP hatte angekündigt, dieses Unrecht abzuschaffen. Und nun kein einziges Wort darüber im neuen Koalitionspapier. Wie schon 2017 bei den damaligen Koalitionsverhandlungen, damals ließ sich die SPD von CDU/CSU den Absatz streichen, der Punkt wurde trotz dieser damaligen Zusage nicht aufgeführt. Viele Wähler, die wegen der Zusicherung des Kanzlerkandidaten zur SPD zurückkehrten, werden womöglich abermals bitter enttäuscht. Die Göppinger SPD-Bundestagsabgeordnete Heike Baehrens sollte nun ihre Fraktion immer wieder daran erinnern, was man rund 6 Millionen betroffenen Rentnern versprochen hat.

Nachholfaktor bereits ab 2022 reaktiviert

Und dann noch das: Im Ampel-Koalitionsvertrag wird zwar aufgeführt, dass das Rentenniveau von 48 Prozent dauerhaft gesichert bleiben soll, aber wer etwas genauer liest, wird erkennen, dass der sogenannte Nachholfaktor, der ursprünglich bis 2025 gedeckelt wurde, bereits ab dem Folgejahr wieder aktiviert werden soll. Durch diese Neuberechnung fällt vermutlich die sich ursprünglich ergebene Rentenerhöhung ab 2022 geringer aus. Ist das die künftige Gerechtigkeit? Werden die Rentner wieder betrogen? Wer sprach da von Respekt?

 

Der Text erschien auch in der „Neuen Württembergischen Zeitung“ vom 27. November 2021