Bundeskanzler Olaf Scholz ist bei einer Bürgerbefragung in Essen am 1. September 2022 auf das Problem der Doppelverbeitragung von Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträgen eingegangen. Er bekräftigte die feste Absicht, noch in dieser Legislaturperiode eine fiskalische Lösung dafür zu finden.
Von Jörg Kotter
Am Morgen des 2. September erreichte den DVG-Vorstand bei seiner Klausurtagung in Kassel ein Bericht von der dritten Veranstaltung der Reihe „Kanzlergespräch“, bei der sich Bundeskanzler Olaf Scholz den Bürgerfragen am Vorabend in Essen gestellt hatte. Auf die Frage eines direktversicherungsgeschädigten Bürgers zum Thema „Verbeitragung von Einmalrenten“ wurde der Bundeskanzler an sein Versprechen auf der Wahlkampfveranstaltung in Münster am 24.09.2021 erinnert. Olaf Scholz zeigte sich bestens informiert und war „im Thema“. Der Wahlkämpfer Scholz hatte damals im September 21 dem Bundesvorsitzenden des DVG e.V., Reiner Korth, die Zusage gemacht, dass, wenn die SPD an der neuen Bundesregierung beteiligt sein würde, diese „schreiende Ungerechtigkeit beseitigt werde, so Scholz damals: „Darauf können Sie sich verlassen.“ Nun antwortete Scholz auf die erneute Frage in Essen, die Legislaturperiode sei noch nicht zu Ende und es sei seine feste Absicht, das Thema in dieser Legislaturperiode „fiskalisch“ zu lösen (O-Ton Scholz). Das Video zum Ausschnitt finden Sie weiter unten in diesem Artikel.
Stellungnahme des DVG-Vorstandes zur aktuellen Aussage von Bundeskanzler Scholz in Essen
Für den DVG ist das eine Bestätigung, mit seinem Kampf gegen die als Unrecht empfundenen Regelungen zur „Doppel- und Mehrfachverbeitragung von Direktversicherungen“ und zur „Vollverbeitragung von Betriebsrenten“ nicht nachzulassen. „Wenn wir aufgeben, haben wir bereits verloren.“, so Reiner Korth, Bundesvorsitzender und Vorstandssprecher des DVG. “Für uns ist aufgeben keine Handlungsalternative. Wir kämpfen weiter und werden unseren Kampf verstärken.“ Jörg Kotter, stellvertretender Bundesvorsitzender ergänzte: “Wir werden weiter unseren Finger in die Wunde legen und die Politiker daran erinnern, dass Vertrauen in die staatlich geförderten Altersvorsorgeprodukte zerstört wurde und die Rentner sich abgezockt fühlen. Die Empörung der Rentner ist sehr groß, weil einmal geschlossene Vorsorgeverträge mit den Änderungen des GMG 2004 (Gesundheitsmodernisierungsgesetz) ausgehebelt und in die bereits privat angesparten Rücklagen fürs Rentenalter hineingegriffen und Gelder abgezogen wurden.” Ein einmaliger Vorgang, eines staatlich legalisierten Betruges an der privaten Altersvorsorge in der Geschichte der Bundesrepublik. Hier wurden Bürger enteignet. Enteignung ist laut Grundgesetz möglich, aber nur, wenn Betroffene angemessen entschädigt werden. Wir werden weiterkämpfen, bis Gerechtigkeit und Vertrauen in die private und betriebliche Altersvorsorge wieder hergestellt ist.
Erlöse aus Direktversicherungen sind keine Versorgungsbezüge des Betriebes
Ehrenvorsitzender Gerhard Kieseheuer bringt den Betrug auf den Punkt: „Die Krankenversicherungen erheben die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ohne gesetzliche Grundlage. Mit einem Kunstgriff werden die aus Barlohnumwandlung von Arbeitnehmern gebildeten Beiträge zu einer Kapitallebensversicherung von den gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen bei Auszahlung in Versorgungsbezüge durch den Betrieb umdefiniert, um damit eine Grundlage zu haben, ein zweites Mal Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge abschöpfen zu können. Direktversicherungen sind aber keine Versorgungsbezüge des Betriebes. Der Betrieb hatte aus eigenen Mitteln keine Mittel in diese Altersversorgung eingezahlt. Es handelt sich ausschließlich um selbst erwirtschaftete Versicherungsbeiträge der Arbeitnehmer.“ Dieser Praxis der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen muss endlich ein Riegel vorgeschoben werden. Dies kann durch eine einfache gesetzliche Regelung geschaffen werden, indem Direktversicherungen den Riesterverträgen abgabetechnisch gleichgestellt werden und von Kranken- und Pflegeversicherungsabgaben zur Auszahlung komplett freigestellt werden. Ferner muss bei allen Betriebsrenten mindestens zur vor 2004 geltenden Regelung zurückgekehrt werden, indem die Vollverbeitragung abgeschafft wird und die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sich auf den Arbeitnehmeranteil beschränken. Vertrauen in den Staat und seine Organe muss wiederhergestellt werden.
Die Forderungen des DVG
Der Direktversicherungsgeschädigten e.V. fordert:
- Sofortiger Stopp der Mehrfachverbeitragung
- Halbierung der KV- und PV-Beiträge von Betriebsrenten auf Arbeitnehmeranteil
- Gleichstellung der Direktversicherung wie bei Riester und
- Finanzielle Entschädigung für die Betroffenen, in deren Verträge mit dem GMG rückwirkend eingegriffen wurde.
… und gehen dafür auf die Straße.
Videoausschnitt mit den Aussagen von Bundeskanzler Scholz
Ort der Aktion: Zeche Zollverein, Essen
Datum: 1. September 2022
Quellen: Mit freundlicher Genehmigung von Reinhold Steinwasser