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Die Assekuranz, sprich Lebensversicherer, übertreibt es maßlos bei den Abschlusskosten von Altersvorsorgeprodukten. Sie aast regelrecht zu Lasten der Versicherten, die teils weniger herausbekommen, als sie einbezahlt haben.

Kostendisziplin und Transparenz sind für Lebensversicherer Fremdwörter. Das kann jeder selbst nachvollziehen, wenn er versucht, herauszufinden, wie viel seine eingezahlten Lebensversicherungsbeiträge letztlich an Rendite gebracht haben, nach Abzug aller Provisionen und Verwaltungsgebühren. Das ist für Otto Normalverbraucher nahezu unmöglich. Das fängt schon beim „Höchstrechnungszins“ an, der allgemein unter Garantiezins bekannt ist. Wie der Ex-Versicherungsmanager Sven Enger in seinem Buch „Alt, arm und abgezockt“ schreibt, ist der Garantiezins eine „Mogelpackung“ ist. Der Garantiezins „wird nicht etwa, wie die meisten Versicherungsnehmer annehmen, auf ihre Einzahlungen berechnet, sondern darauf, was von ihren Prämien abzüglich der Kosten (Abschlussprovision, Vertriebsaufwand, Verwaltung, Todesfallschutz) übrigbleibt“. Von 0,9 Prozent bleiben dann vielleicht noch 0,6 Prozent oder weniger übrig.  Versicherungsmathematiker fordern dem “Tagespiegel” zufolge eine Absenkung von 0,9 auf 0,5 Prozent. Damit wird die Lebensversicherung endgültig zum Rohrkrepierer.

Kunden für dumm verkauft

Nur, das sagt den Kunden niemand, außer so ein „Nestbeschmutzer“ und Abtrünniger wie Enger. Die Assekuranz beherrscht die Verschleierung der wahren Kosten in Perfektion. Das prangert auch Professor und Finanzmathematiker Hermann Weinmann an, der als einer der kenntnisreichsten Experten zum Thema Lebensversicherung zählt.

Weinmann sollte für den Bund der Versicherten (BdV) Ende März 2020 einen Vortrag halten, der wegen der Coronavirus-Pandemie ausgefallen ist. Die Zeitschrift für Versicherungswesen (ZfV) stellte die Positionen des Experten in zwei Artikel vor.

Kernthema der Artikelserie ist laut „Versicherungsbote“ der Kostenvergleich in der Lebensversicherung, der Weinmann zufolge zur „Unvergleichbarkeit“ „pervertiert“ ist. Das heißt auf Deutsch, Kapitallebensversicherungen sind nicht vergleichbar – und das ist Absicht. Damit können die Versicherer ihren Kunden immer ein X für ein U vormachen, weil es ja keiner überprüfen kann. Weinmann sieht den Gesetzgeber in der Pflicht. Die Versicherer sollen die Kosten transparent machen.

Weinmann hat die Kosten analysiert und kommt auf erschreckende Werte. Die Unterschiede bei Betriebskosten und erweiterten Betriebskosten seien gewaltig. Der teuerste Anbieter setze bei den Betriebskosten das Dreifache dessen an, was der Günstigste verlangt – bei den erweiterten Betriebskosten sogar das Vierfache.

Die Betriebskostenquote – sie setzt die Kosten ins Verhältnis zu den Beiträgen der Versicherten – reiche von sieben Prozent bis 19 Prozent, bei der erweiterten Betriebskostenquote liegen der günstigste und der teuerste sogar noch weiter auseinander.

Wie die Assekuranz aast

Weinmann meint, einige Versicherer würden „aasen“ und die Versicherten regelrecht abnagen. Hohe Abschluss- und Vertriebskosten ruinieren natürlich die Altersvorsorge der Versicherten, denn sie hätte ihr Geld besser unters Kopfkissen gelegt, statt es von den Versicherern auffressen zu lassen. Der Professor spricht den auch von „Kostenfresser“.

Die Branche versteht es wie keine andere, die Kosten zu verschleiern. Selbst Experten haben ein Problem, die Kosten exakt zu benennen. Weinmann spricht von „Versteckspiels“. Der Gesetzgeber lässt den Versicherern bei den Kosten nahezu freie Hand. Das gleiche gilt für den Rentenfaktor: Die Versicherer setzen überzogen Lebenserwartungen an, um möglichst wenig zahlen zu müssen.

Es dürfte jedem klar sein, dass Kapitallebensversicherungen schon lange nicht mehr für die Altersvorsorge taugen. Der Gesetzgeber hat verschlafen, die Assekuranz zu Kostendisziplin und Transparenz zu zwingen. Die Kunden müssen es ausbaden – ihre Altersvorsorge schmilzt wie Schnee in der Sonne.

Deswegen postuliert Sven Enger: „Die kapitalbildende Lebensversicherung in ihrer jetzigen Form hat keine Zukunft“. Wer es nicht glaubt, soll einfach die Standmitteilungen seiner Versicherungen der vergangenen Jahren vergleichen. Spätestens dann dürfte es vielen wie Schuppen von den Augen fallen. „Die heute stark auf die Versicherungswirtschaft fokussierte private Altersvorsorge funktioniert nicht“, bringt es Enger auf den Punkt. Wer es nicht glaubt, den erwartet Altersarmut statt Rendite. „Kapitallebensversicherungen sind für die Altersvorsorge ungeeignet“, postuliert Enger. Also: „Raus aus den Policen“, propagiert er. „Rutscht ein Versicherungsunternehmen oder eine Run-off-Gesellschaft in die Insolvenz, können Sie als Versicherter schlimmstenfalls alles verlieren“ – und wie sich zeigt, ist das nicht übertrieben.

Bild von Marcel Langthim auf Pixabay