lohnen

Überschussbeteiligungen gehören der Vergangenheit an. Der Garantiezins wird auf 0,5 Prozent sinken. Damit hat die Lebensversicherung langfristig ihre Berechtigung als Altersvorsorge verloren. Lohnen sich Lebensversicherungen überhaupt noch?

Unbewusst haben wir’s ja alle gewusst, dass Lebensversicherungen nicht für die Altersvorsorge taugen. Der Bund der Versicherten (BdV) hat es auf den Punkt gebracht: Viele, wenn nicht sogar die meisten kündigen ihre Versicherung – mit Recht, denn die Nachteile überwiegen. Leider wird es nicht besser, sondern schlimmer.

Lohnen Versicherungen noch?

Schon seit Dezember liegt dem Bundesfinanzminister laut „Handelsblatt“ ein Vorschlag der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) vor, der eine Senkung des Garantiezinses für Lebensversicherungen ab Januar 2021 auf die Marke von 0,5 Prozent vorsieht. Wobei, was heißt schon Garantiezins? Die „Saarbrücker Zeitung“ hat den sogenannten Garantiezins oder Höchstrechnungszins einmal hinterfragt. Es könne dem Versicherten sogar trotz Garantiezins passieren, dass der am Ende weniger Geld bekommt, als er eingezahlt habe. Anders als viele Kunden glauben, werde nur der Sparanteil verzinst, nicht der gesamte Beitrag. „Denn vom Beitrag zieht der Versicherer noch Kosten ab für den Abschluss und die Verwaltung des Vertrages“, zitiert die Zeitung Theodor Pischke, Redakteur bei der Zeitschrift Finanztest. Was dann übrig bleibe, sei der Sparanteil. Das Ärgerliche an Versicherungen, wie hoch der Anteil solcher Kosten im Beitrag sei, werde oft nicht transparent gemacht.

Und jetzt soll dieser Garantiezins noch weiter gesenkt werden – von zurzeit 0,9 auf 0,5 Prozent. Die DAV (Aktuare sind Versicherungsmathematiker) schlug das schon im Dezember 2019 vor. Ihr Vorschlag liegt bei Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Der wird auf Dauer nicht umhin können, als diesem Vorschlag anzunehmen. Noch ziert sich Scholz, denn eine Absenkung wäre der Hammer. Er würde den Versicherern ein wichtiges Verkaufsargument für ihr Produkt Kapitallebensversicherung nehmen. Aber es wird über kurz oder lang so kommen. Das Verbraucherportal „Finanztip“ will nicht ausschließen, dass der Garantiezins dass „der Gesetzgeber den Garantiezins ganz abschafft“.

Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse bei der Kölner Ratingagentur Assekurata, glaubt dem „Handelsblatt“ zufolge „nicht, dass der Zins schon zum Anfang nächsten Jahres gesenkt wird”. Aber die Fakten sprechen für eine Absenkung, denn der Leitzins ist schon seit Jahren bei null und die sogenannte Einlagefazilität, sprich der Zins, den die Banken für Einlagen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) zahlen, liegt sogar bei minus 0,5 Prozent. Die Umlaufrendite (gewichtete durchschnittliche Rendite ausgewählter öffentlicher Anleihen) ist schon seit Jahren negativ und liegt zurzeit bei -0,47 Prozent (Stand: 26. Juni 2020). Daran wird sich in den kommenden Jahren nichts ändern, das heißt, eine Absenkung des Garantiezinses ist zwingend.

Garantiezins bald bei null?

Wenn aber Garantiezins und Überschussbeteiligung wegfällt, wie sinnvoll ist dann noch eine Lebensversicherung? Diese Entwicklung wird Millionen von Betriebsrentner betreffen, die glaubten, ihre gesetzliche Rente aufbessern zu können, um die Versorgungslücke zu schließen. Die wenigsten können ausrechnen, was wirklich bei der Betriebsrente im Alter herauskommt. Das „Handelsblatt“ sieht in einer möglichen Absenkung „eine Entscheidung mit Sprengkraft“. Die Entscheidung würde sich auf Direktversicherungen auswirken, auf Riester-Renten und andere private Altersvorsorgeprodukte. Auch das Versprechen der Versicherer, dass auf jeden Fall  Beitragseinzahlungen erhalten bleiben, ist damit nicht mehr zu halten. Denn, „die Lebensversicherer lassen sich nämlich üblicherweise ihre Vertriebs- und Verwaltungskosten, vor allem Provisionen für Makler oder Vertreter, von den eingezahlten Kundengeldern bezahlen“, so das „Handelsblatt“. Rechne der Versicherer jedoch nur noch mit einer Mindestverzinsung von 0,5 Prozent, lasse sich aus diesen Erträgen nur schwerlich noch eine Beitragsgarantie nach Abzug der Kosten sicherstellen. Damit aber wird das Geschäft der Versicherer insgesamt in Frage gestellt – mit weitreichenden Folgen für die betriebliche Altersvorsorge, die dadurch ad absurdum geführt wird.

Run-off macht die Runde

Weil es Versicherern immer schwerer fällt, die versprochenen Garantiezinsen zu zahlen, haben sich einige entschieden, darunter die Generali, sich dem Geschäft zu verabschieden und sie in sogenannten Run-off auszulagern und in fremde Hände zu geben. Aus dem Dutzend werden sicher noch mehr werden.

Das Geschäft mit Riester-Renten haben erste Versicherer ebenfalls bereits aufgegeben, weil es sich für sie nicht mehr lohnt. Deutschlands viertgrößter Lebensversicherer Debeka beispielsweise legt Riester auf Eis. Was Wunder, dass der Absatz von Riester-Versicherungen stagniert – und viele zahlen in ihre bestehenden Riester-Verträge nichts mehr ein.

Die Versicherer können, wenn sie ehrlich wären, keine Garantie mehr abgeben. Nicht von ungefähr „machen Versicherungen mit alternativen Garantiekonzepten laut Branchenverband GDV beim Neugeschäft bereits 60 Prozent aus – bei der Allianz sind es sogar 90 Prozent“, schreibt das „Handelsblatt“. Denn um eine klassische Garantie abzusichern, müsse der Versicherer das Geld sehr konservativ anlegen. Das gehe jedoch im Niedrigzinsumfeld zulasten der Rendite. Sie geht gegen null. Nur, damit erübrigt sich eine Lebensversicherung.