gesundheitswesen

Dank des ungenierten Griffs ins Portemonnaie von Direktversicherten können die Gesundheitsausgaben regelmäßigen steigen und liegen mittlerweile bei mehr als 407 Milliarden Euro jährlich. Sie zahlen für das teure Gesundheitswesen.

Die Gesundheitsausgaben haben sich binnen 20 Jahren dem Statistischen Bundesamt zufolge auf 407 Milliarden Euro nahezu verdoppelt. Diese „hohe Ausgabendynamik“ wird sich fortsetzen, worauf die Zahlen des dritten Quartals 2019 schließen lassen. Es fällt auf, dass die Gesundheitsausgaben in den Jahren 2003, 2004 und 2005 für kurze Zeit stagnierten – das war just die Zeit, als das Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) eingeführt wurde, was zur Folge hatte, dass alle mit einer Direktversicherung sowie Betriebsrentner Vollbeiträge für Krankenversicherung zahlen müssen. Dieses Gesetz, spült den Krankenversicherungen seitdem pro Jahr Milliarden in die Kassen – Geld, dass allen fehlt, die eigenverantwortlich fürs Alter vorsorgen. Seitdem können die Krankenkasse aus dem Vollen schöpfen,  da jedes Jahr viele neu dazu kommen, deren Direktversicherung ausgezahlt wird – egal ob als monatlich Rente oder als einmalige Kapitalauszahlung.

Zu teures Gesundheitswesen

Es dürfte jedem klar sein, dass die Krankenkassen, aber auch die anderen Akteure im Gesundheitswesen, dank des wachsenden Geldzuflusses keine großen Anstrengungen unternehmen, effizienter mit dem Geld der Versicherten zu wirtschaften. Wenn das Geld nicht reicht, werden die Beiträge erhöht oder die Leistungen gekürzt.

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Entwicklung der Gesundheitsausgaben              Quelle: querschuesse.de

Von den 407 Milliarden Euro an Ausgaben für 2019 entfallen annähernd 60 Prozent auf die gesetzlichen Krankenkassen. Trotz immenser Steigerungen in den vergangenen Jahren müssen die Versicherten immer mehr selbst bezahlen. Das gilt für Medikamente, aber auch für einige Laboruntersuchungen. Jeder kann ein Lied davon singen. Wer als gesetzlich Versicherter nach einem Termin beim Facharzt fragt, muss sich auf wochenlanges Warten einstellen. Bestimmte Arzneimittel sind nicht mehr verfügbar, obwohl Patienten dringend darauf angewiesen sind. Erstklassige Versorgung sieht anders aus.

Deutschland gehört, was die Gesundheitsausgaben betrifft, zu den Spitzenreitern. Wir liegen der OECD zufolge gleich hinter Norwegen, der Schweiz und den USA auf Platz vier der teuersten Gesundheitssysteme. 2018 gaben die Deutschen pro Kopf 5986 Dollar (5333 Euro) aus.

Deutschland bei den Spitzenreitern

USA 10 586.08
Schweiz 7 316.60
Norwegen 6 186.92
Deutschland 5 986.43

Quelle: OECD

Bei der Zahl der Betten gehört Deutschland in Europa zur einsamen Spitze: Für 1000 Einwohner gibt es acht Betten, selbst in der Schweiz sind es nur 4,5. In punkto Krankenhausaufenthalt ist Deutschland mit 25 478 pro 100 000 Einwohner sogar weltweite Spitze.

Verwaltung kostet 16,8 Milliarden Euro

Pharmaindustrie, Ärzte, Apotheker und Krankenkassenverbände antichambrieren bei der Politik, dass alles so bleibt, wie es ist. Die Rechnung zahlen Versicherte, Altersvorsorger und Patienten. Viel Geld bleibt in der überbordenden Verwaltung des Systems hängen, wie Steffen Bogs von querschuesse.de analysiert hat. Allein die Verwaltung habe 2016 zuletzt 16,8 Milliarden Euro gefressen. Das System sei gekennzeichnet durch Ineffizienz, hohe Kartellpreise bei Arzneimitteln und vieles mehr.

Das ist auch kein Wunder, denn Deutschland leistet sich ein Zwei-Klassen-System mit gesetzlichen und privaten Krankenkassen, mehr als hundert verschiedene gesetzliche Krankenkassen, ein mehrstufiges Verwaltungssystem mit Gesundheitsfonds und kassenärztlichen Vereinigungen.

390 000 Euro für Barmer-Chef

Jeder der laut Kassenspitzenverband (GKV) zufolge 105 gesetzlichen Krankenkassen braucht einen Vorstand und einen Verwaltungsapparat. Das kostet Geld, Geld das wiederum Versicherte, zu denen Millionen von Altersvorsorgern gehören, zahlen müssen. Die Kassenvorstände verdienen dabei ordentlich, wie die Auswertung des Portals „krankenkassen.de“ belegt. So bezieht allein der Vorstandsvorsitzende der Barmer eine Gesamtvergütung pro Jahr von 390 000 Euro, der Chef der TK kommt auf annähernd 348 000 Euro und bei der DAK sind es rund 310 000 Euro. Wie wirkt sich das auf die Verwaltungskosten der Krankenkassen aus? Die Barmer liegt mit 148,05 Euro pro Versicherten im Mittelfeld, die TK ist deutlich effizienter mit nur 117,08 Euro pro Versicherten, so weit zumindest die Zahlen von 2018.

Effizienz – oder mangelnde Effizienz – wirkt sich auf die Beitragssätze aus. So liegt der Beitragssatz der TK bei 15,3 Prozent, der Barmer bei 15,7 Prozent. Die günstigste Krankenkasse verlangt hingegen nur 14,99 Prozent, dabei geht es um die HKK – kein Wunder, liegen doch deren Verwaltungskosten etwa 20 Prozent unter dem Branchendurchschnitt. Es geht also. Da aber bislang das Thema Effizienz im Gesundheitswesen allgemein und bei den gesetzlichen Krankenkassen speziell eingefordert hat, machen die Kassen munter weiter so – auf Kosten der Versicherten.

Dabei würde ein Effizienzsteigerung einiges bringen, schließlich sind 95 Prozent gesetzlich vorgeschriebene Leistungen der Krankenkassen. Ja, richtig gelesen, lediglich fünf Prozent sind Zusatzleistungen der Krankenkassen. „Leistungen, die die medizinische Grundversorgung betreffen, sind deshalb bei allen Anbietern gleich“, schreibt Stiftung Warentest in seiner Booklet „Finanzen verstehen“. Wozu brauchen wir dann 105 verschiedenen gesetzliche Krankenkassen mit 105 Vorstandsvorsitzenden und 105 Verwaltungsapparaten?