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Der Ruf nach Rentenkürzungen wird lauter. Ökonom Bernd Raffelhüschen will die Rentner rupfen und fordert eine Corona-Rentenkürzung. Er behauptet, die Jungen würden über Gebühr zu Gunsten der Alten belastet.

Schon im Mai dieses Jahres hat der Versicherungslobbyist Bernd Raffelhüschen gefordert, die Rentenerhöhung 2020 wegen der aktuellen Gesundheitskrise bis Jahresende zu verschieben und dann zu kürzen. Jetzt hat er einen neuen Vorstoß über die Stiftung Marktwirtschaft gemacht, in der er im Vorstand sitzt. Mainstream-Medien wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, die „Welt“ und die „Börse-Zeitung“ sowie die „Neue Westfälische“ bieten ihm dafür ein Forum. So heißt es bei der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ beispielsweise „Ökonom Raffelhüschen warnt vor unsoliden Staatsfinanzen“, bei der „Börsen-Zeitung“ steht „Corona macht die Nachhaltigkeitslücke noch größer“. “Wir hatten noch nie eine so unsolide Finanzsituation wie heute”, wird er von der FAZ zitiert. In der „Neuen Westfälischen Zeitung“ plädiert er dafür, dass „die Renten im Zuge der Corona-Krise schrumpfen müssten“. Er spricht von Entsolidarisierung von Alt und Jung. Dabei werden viele Rentner zurzeit doppelt besteuert und doppelt verbeitragt – also, von wegen Entsolidarisierung. Die Alten zahlen mehr als sie eigentlich müssten. Parallel dazu hat die rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder das Rentenniveau deutlich unter 50 Prozent gedrückt.

Rupfen der Rentner hat System

Der Staat bürdet der Rentenkasse schon seit Jahren Aufgaben auf, die eigentlich alle Bürger tragen müssten. Die Unterdeckung der Rentenversicherung hat dem Aktion Demokratische Gemeinschaft (ADG) zufolge gigantische Ausmaße erreicht. Allein 2019 betrage das „Defizit zu Lasten der gesetzlichen Rentenversicherung“ annähern 38 Milliarden Euro. Wenn der Bund die versicherungsfremden Leistungen voll finanzieren würden, könnten die gesetzlichen Renten um 13,6 Prozent höher sein, hat der ADG errechnet. Kein Wort davon kommt in der „Generationenbilanz“ der „Stiftung Marktwirtschaft“. Auch von der Ungleichheit zwischen Pensionen und Renten ist in diesem Elaborat nichts zu lesen.

Was Raffelhüschen mit seiner jüngsten Aktion bezweckt: Er will den Boden bereiten für eine Rentenkürzung. Mit der Forderung, die Rentenerhöhung 2020 wegen der aktuellen Gesundheitskrise bis Jahresende zu verschieben und dann zu kürzen, bemühe sich Raffelhüschen, „unter einem wissenschaftlichen Deckmäntelchen das Feld für Entscheidungen der Politik zu bestellen und ihre Ideen in den Redaktionen zu platzieren“, so die ADG. Es ist schon eigenartig, dass ein beamteter Professor Rentner rupfen will und die Rentenformel in Frage stellt.

Senioren in der Schuldenfalle

Dabei steigt die Zahl der überschuldeten Senioren ab 70 dem „Schuldenatlas“ von „Creditreform“ zufolge. Allein in den vergangenen zwölf Monaten sei die Zahl der überschuldeten Senioren ab 70 der Studie zufolge um 23 Prozent gestiegen. Parallel erhöhte sich in der Altersgruppe der 60 bis 69-Jährigen die Zahl der Überschuldungsfälle um 13 Prozent auf rund 725 000. „Das Phänomen der Altersüberschuldung gewinnt noch stärker als in den Vorjahren an Bedeutung“, warnte der Geschäftsführer von Creditreform Boniversum, Michael Goy-Yun.

Das Problem der Altersarmut wird sich eher noch verschärfen, wie die Sendung „Wutsache: Abstiegsangst“ des „ZDF“ erahnen lässt. „Im Alter wird die gesicherte Existenz zur Illusion“, schreiben die Macher. Viele Menschen in Deutschland sähen ihren Lebensentwurf in akuter Gefahr. Das Abstiegsgespenst gehe um in der deutschen Mittelschicht. Die spätere Rente wird nicht für ein auskömmliches Leben im Alter reichen.

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Deswegen fordern die Verbraucherjournalisten Holger Balodis und Dagmar Hühne in ihrem Buch „Rente rauf“ dringend eine Rentenreform, die alle einbezieht, auch Beamte und Selbstständige. Davor aber drückt sich die Bundesregierung. Statt zu handeln, hat sie eine Rentenkommission zwei Jahre tagen lassen, ohne dass ein Ergebnis erzielt wurde.

Bild von Mabel Amber auf Pixabay