Rentner zahlen doppelt Steuern und doppelt Krankenkassenbeiträge. Das schert den Fiskus wenig – die Krankenkassen ebenfalls. Wer klagt, läuft ins Leere.
Jeder Viertklässler dürfte kapieren, dass die Rentner doppelt Steuern zahlen, werden sie als Beschäftigte in der Einzahlphase doch weniger entlastet als sie in der Auszahlphase belastet werden. Heinrich Braun, Steuerberater aus Mannheim, und Finanzmathematiker Klaus Schindler haben es dem Fiskus vorgerechnet. Der Bundesfinanzminister Olaf Scholz hofft, das Problem aussitzen zu können, was ihm bisher leider meisterhaft gelungen ist. Braun wirft den Finanzbehörden der „Frankfurter Rundschau“ zufolge deswegen „arglistige Täuschung“ vor.
Doppelt besteuert
Braun und Schindler sind nicht allein mit ihrem Vorwurf – Winfrid W. Rogge aus Wiesbaden vom Verein der Direktversicherungsgeschädigten (DVG) sieht das ähnlich. „In der Vergangenheit habe ich öfters auf die Problematik der Doppelbesteuerung bei der Rente aufmerksam gemacht; das Thema erhitzt weiterhin die Gemüter in ganz Deutschland“, so Rogge.
Die FDP hat einen Vorstoß gestartet und einen Antrag im Bundestag gestellt. Am Donnerstag, 25. Februar 2021, berät der Bundestag der „Frankfurter Rundschau“ zufolge erstmals einen Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Doppelbesteuerung bei Renten verhindern“. „Es ist vor allem eine Gerechtigkeitsfrage, dass das Einkommen nicht doppelt besteuert werden darf; hier hat der Gesetzgeber seinerzeit sehr grobschlächtig gearbeitet“, wird Frank Schäffler, Bundestagsabgeordneter der FDP, von der „Frankfurter Rundschau“ zitiert.
Finanzverwaltung schüchtert Rentner ein
Die FDP will auch aufdecken, wie die Finanzverwaltung Rentnerinnen und Rentner versucht, mundtot zu machen. „Es gibt ganz konkrete Beispiele, wo die Finanzverwaltung sehr fragwürdig agiert – Rentner müssen dabei selbst nachweisen, ob die anhängigen Gerichtsverfahren mit ihrem Fall vergleichbar sind“, so Schäffler.
Was aber können Betroffene unternehmen? Sie können, so Rogge, mit Blick auf die anhängigen Verfahren Einspruch gegen ihren Steuerbescheid einlegen und sich dabei kostenlos Musterverfahren anschließen. Für den Einspruch bei dem zuständigen Finanzamt gilt eine einmonatige Frist nach Bekanntgabe des jeweiligen Steuerbescheids. Allerdings ist der Einspruch tricky, denn der Betroffene sollte unbedingt das Ruhen des Verfahrens beantragen, um nicht in eine Klage abgedrängt zu werden. Der Einspruch dürfe auf keinen Fall vom Steuerzahler zurückgenommen werden. Eine konkrete Berechnung der Doppelbesteuerung durch den Steuerzahler sei nicht erforderlich. Betroffen sind alle Rentner mit einem Rentenbeginn ab 2005.
Mustereinspruch
Was tun nach Erhalt eines Steuerbescheids? Rogge verweist auf den Entwurf eines Mustereinspruchs:
Absenderangaben
Datum …
Finanzamt …
Steuernummer …
Einkommensteuerbescheid 20.. vom …
Sehr geehrte Damen und Herren,
gegen den Einkommensteuerbescheid für 20.. vom … wird hiermit Einspruch eingelegt. Es wird außerdem beantragt, das Verfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO aus Zweckmäßigkeitsgründen im Weiteren ruhen zu lassen, aber auch wegen anhängiger BFH-Verfahren.
Begründung:
In meinem zu versteuernden Einkommen sind Renteneinkünfte enthalten, die aus der Deutschen Rentenversicherung entstammen. Das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 06.03.2002 Az. 2 BvL 17/99; BStBl. 2002 II S. 618) hatte unter anderem entschieden, dass Renteneinkünfte, soweit diese aus bereits versteuertem Einkommen stammen, in der Rentenphase nicht noch einmal der Besteuerung unterworfen werden dürfen. Dem wird der § 22 EStG in der aktuellen Fassung nicht gerecht, da es teilweise zur Doppelbesteuerung kommt.
Bezüglich der Verfassungsmäßigkeit der Rentenbesteuerung, insbesondere wegen der Problematik der Doppelbesteuerung, sind vor dem Bundesfinanzhof zwei Verfahren unter Aktenzeichen X R 20/19 und X R 33/19 anhängig. Es tritt daher bereits gesetzliche Zwangsruhe ein. Eine konkrete Berechnung des doppelt besteuerten Anteils ist in dem derzeitigen Stand für einen Ruhensantrag nicht erforderlich, da die Methoden dazu noch nicht vom Bundesfinanzhof geklärt sind.
Beim Finanzgericht des Saarlandes ist indes ein Verfahren wegen dieser Rechtsfrage und der Berechnung anhängig (Aktenzeichen 3 K 1072/20), auch wegen des Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot und der Zuordnung der Rentenbeiträge zu den beschränkten Sonderausgaben. Der Kläger dort hat bereits eine Berechnungsmethode in die Klage eingebracht, die Schindler/Braun-Formel (NWB-Heft 11 von 2020, Seite 784 ff), nach der auch hier eine Überprüfung stattfinden kann.
Dies genügt den Ausführungen im BFH-Urteil vom 21.06.2016 (Az. X R 44/14), als Nachweis für die Doppelbesteuerung. Für das Ruhen des Verfahrens ist die Berechnung nicht vom Einspruchsführer durchzuführen, sondern vom Finanzamt selbst. In der Fachzeitung NWB sind dafür Tabellen zugänglich, nach welchen die Doppelbesteuerung der Renten bei einer normalen Verteilung des Einkommens in der Einzahlungsphase angenähert werden können.
Dies ist Aufgabe der Finanzbehörde, da das Rechnen nach den Steuergesetzen ein Teil der Rechtsanwendung ist und den Rentnern nicht zumutbar.
Unter Bezugnahme auf dieses vorgenannte Verfahren im Saarland ist gemäß der Abstimmung unter den Bundesländern, den Dienstanweisungen, das Einspruchsverfahren nach § 363 Abs. 1 AO auch aus Zweckmäßigkeitsgründen ruhen zu lassen. Der strittige Bescheid ist im Übrigen insoweit nach den Abstimmungen der Länder im Jahre 2020 nicht nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 4 AO vorläufig ergangen, sodass der Einspruch jedes Jahr neu erforderlich ist.
Bitte bestätigen Sie mir das Ruhen des Verfahrens schriftlich.
Im Voraus vielen Dank dafür.
Mit freundlichen Grüßen
Eigenhändige Unterschrift
Abzock-Politik Einhalt gebieten
Die Doppelbesteuerung reiht sich ein in die Abzock-Politik von Rot-Schwarz. Denn Betriebsrentner und Direktversicherte zahlen nicht nur doppelt Steuern, sondern auch doppelt Beiträge in die Kranken- und Pflegeversicherung, was 2003 von einer rot-grünen Regierung mit Hilfe der Union zementiert wurde.