Privatversicherte wollen sich drücken

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Wegen Corona droht den Krankenkassen ein gewaltiges Defizit. Privatversicherte – auch Beamte – wollen sich vor den Kosten drücken. Ist das fair? Gib Drückebergern keine Chance!

von Karin Tutas

Einen Tag nach den Erfolgen von Grünen und SPD bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinlandpfalz bringt sich der Verband der Privaten Krankenversicherer (PKV) in Stellung. Ausgerechnet zwei Parteien, die eine Bürgerversicherung befürworten, wittern Morgenluft für eine neue Regierungskoalition nach der im September anstehenden Bundestagswahl. Da wollen die Privaten Krankenversicherungen besser vorbeugen.

28 Prozent Krankenversicherungsbeiträge

Wovor die Vertreter der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) seit Jahren warnen, hat sich der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) durch eine Studie seines Wissenschaftlichen Instituts (WIP) bestätigen lassen: Der GKV drohe in den kommenden Jahren ein immer größeres Defizit, nicht nur wegen Corona, sondern weil die Leistungen in den vergangenen zehn Jahren immer weiter ausgedehnt wurden. Kostentreiber seien unter anderem die Alterung der Gesellschaft, der medizinisch-technische Fortschritt sowie Reformen, die zu erheblichen Leistungsausweitungen geführt hätten. Deshalb seien starke Beitragserhöhungen zu erwarten.  Je nach Szenario würden die Beitragssätze bis zum Jahr 2030 von heute 14,6 Prozent auf 15,5 bis 20,6 Prozent steigen. Für 2040 sagen die Forscher sogar 16,7 bis 28 Prozent voraus. Um dieser Steigerung entgegenzuwirken, müsste sich der Bundeszuschuss bis 2030 mindestens auf 30 Milliarden Euro im Jahr verdoppeln, hat das WIP errechnet.

Die vom PKV aufgezählten Ursachen für die hohen Kosten der GKV sind jedoch nur die halbe  Wahrheit. Seit Jahrzehnten werden die Krankenkassen und auch die Rentenversicherung durch versicherungsfremde Leistungen geplündert. Beitragsfreie Familienversicherung, Leistungen rund um Schwangerschaft und Mutterschaft, Elterngeld. Allein zehn Milliarden Euro jährlich beträgt das Defizit in den gesetzlichen Krankenkassen für die Versicherung von ALG-II-Empfängern, weil der Bundeszuschuss nicht einmal die Hälfte der Kosten deckt. Dabei sieht der Koalitionsvertrag der jetzigen Bundesregierung schrittweise kostendeckende Beiträge des Bundes  aus Steuermitteln vor.

Beamte sind fein raus

Mehr als 42 Milliarden jährlich für gesamtgesellschaftliche Aufgaben werden den Kassen aufgebürdet – bei einem Bundeszuschuss von derzeit 14,5 Milliarden. Das Defizit von mehr als 27 Milliarden wird auf den Schultern der gesetzlich Versicherten verteilt. Und die Besserverdienenden, privat Versicherten – auch Beamte – sind fein raus. Wie die Löcher in den gesetzlichen Kassen gestopft werden, haben die gesetzlich Versicherten Inhaber einer Direktversicherung sowie Betriebsrentner 2004 aufs Schmerzlichste erfahren: Sie zahlen seitdem auf ihre betriebliche Altersvorsorge rund 19 Prozent Kranken- und Pflegeversicherung.

„Höhere Bundeszuschüsse würden die Finanzprobleme der GKV nicht lösen, sondern nur verstecken. Die Steuerzahler werden zusätzlich belastet und die Gesundheitsversorgung gerät in Abhängigkeit des Finanzministers“, lautet angesichts der düsteren Prognose des WIP die Schlussfolgerung von PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther. Als ob die gesetzlich Krankenversicherten keine Steuerzahler wären.  Der PKV hat da wohl eher die eigene Klientel und vor allem die Versicherungswirtschaft im Blick.

Eine Reform ist längst überfällig

Aber die Löcher in der  GKV ist auch nicht durch höhere Zuschüsse zu beheben. Da hilft nur eine grundlegende Reform. Gegen eine Bürgerversicherung, also eine solidarische Krankenversicherung, in die alle – auch Gutverdienende und Beamte – einzahlen, aber stemmt sich die PKV mit aller Macht. Würde die CDU, die eine Bürgerversicherung ebenfalls ablehnt,  im September abgewählt werden, müsste sich die PKV auf raue Zeiten einstellen.

 

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