Union und SPD verweigern sich Rentendebatte

Rentendebatte

Bei der Rentendebatte im Hambacher Schloss des DVG am 25. August haben Union und SPD gefehlt. Offensichtlich haben sie kein Interesse – schade, angesichts der gewaltigen Herausforderungen, wie die lebhafte Diskussion gezeigt hat.

Voller Saal, Stimmung kämpferisch, Wetter bestens – die große Rentendebatte am 25. August 2021 im symbolträchtigen Hambacher Schloss war ein voller Erfolg. Was vielen Teilnehmer allerdings sauer aufstieß, war das Fehlen der großen Parteien, eben jener Parteien, die 2003 die Abzocke von Betriebsrentner beschlossen hatten. Von Union und SPD fand sich kein Abgeordneter bereit, sich auf dem Weg in die Pfalz zu machen, um über die Zukunft der Rente mitzudiskutieren. Die Grünen schickten immerhin Hannah Heller, Fraktionsvorsitzende für B90/Die Grünen in der Stadt Speyer und Bundestagskandidatin für den Wahlkreis Neustadt-Speyer, die sich tapfer schlug und die Vorstellungen ihrer Partei in punkto Rente präsentierte.

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Rentendebatte rüttelt auf

Prof. Stefan Sell, Professor für Sozialpolitik und Sozialwissenschaften der Hochschule Koblenz, schockte die Zuhörer mit Zahlen: „Wer 45 Jahre lang immer durchschnittlich verdient hat, bekommt brutto 1538 Euro und netto 1369 Euro – nur, wer schafft das schon?“. Die tatsächliche Durchschnittsrente liege deutlich niedriger – bei vielen gerade knapp über Sozialhilfeniveau oder sogar darunter. So sehe die Realität aus, brandmarkte Sell die gegenwärtig Situation in Deutschland.

Wer versuchte – und immer noch versucht – seine gesetzliche Rente durch betriebliche Zusatzvorsorge zu verbessern, wurde und wird leider vom Staat im Stich gelassen oder sogar noch ausgenutzt. Das stellten sowohl Sell wie Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur Finanztip, fest. „Seit 35 Jahren doktern Regierungen an der Rente herum“, so Tenhagen. „Ziel ist immer, das System zu schützen und die Anbieter zufrieden zu stellen – die Kunden, die zukünftigen Rentnerinnen und Rentner, fallen dabei oft hinten herunter.“

Stopp der Doppelverbeitragung

Matthias W. Birkwald MdB, Rentenpolitischer Sprecher der Partei Die Linken, setzt sich deswegen dafür ein, dass beispielsweise die Doppelverbeitragung von Direktversicherungen und Betriebsrenten gestoppt wird. Mit dieser Abzocke, die 2003 von einer rot-grünen Koalition mit Hilfe der Union gesetzlich verankert wurde, ist Vertrauen in eine verlässliche Altersvorsorge gebrochen worden, was die betriebliche Altersvorsorge uninteressant macht. Das Signal, das die Macher dieses Gesetzes aussandten, ist fatal. Immerhin entschuldigt sich Hannah Heller für die Entscheidung der damaligen rot-grünen Koalition.

FDP will bessere Altersvorsorge

Johannes Vogel, stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP, Generalsekretär der Freien Demokraten NRW, Arbeitsmarkt- und Rentenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag, erinnerte – er war per Video zugeschaltet – daran, dass seine Partei die einzige gewesen sei, die 2003 gegen das Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) gestimmt hat, mit dem „das Vertrauen auf Jahrzehnte pulverisiert“ wurde. Die damalige rot-grüne Koalition habe bei der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) ein Bürokratiemonster geschaffen. Die bAV müsse deswegen verbraucherfreundlicher werden. Er fordert ein „Produkt ohne Versicherungsmantel“. Bei der Podiumsdiskussion wurde Vogel vom rheinland-pfälzischen Sozialexperten und Geschäftsführer der Lebenshilfe Main-Bingen, David Dietz, vertreten.

Rot-Grün-Schwarz hat Vertrauen zerstört

Wie viel Vertrauen Rot-Grün-Schwarz zerschlagen haben, verdeutlicht das Beispiel Direktversicherungen und die vollen Beiträge auf die Kranken- und Pflegeversicherung. Der Staat verstoße in diesem Segment des Sozialrechtes gegen elementare Rechte des Verbraucherschutzes und betreibe öffentlich „Tatsachenverdrehungen“, sogenannte juristische Umwidmungen, um den sozialversicherten Bürger um seine hart erarbeiten Ersparnisse zu bringen, prangert Reiner Korth, stellvertretender Vorsitzender des Vereins der Direktversicherungsgeschädigte (DVG) an. Ingrid Wulff, DVG-Vorstandsmitglied und zuständig für Social Media, fragt, warum werden Direktversicherungen nicht mit  betriebliche Riesterverträgen gleichgestellt? Riesterverträge werden seit 2018 wie privat abgeschlossene Verträge behandelt und sind beitragsfrei.

Und Dr. Thomas Hintsch, DVG-Vorstandsmitglied und zuständig für Öffentlichkeitsarbeit, fordert von den regierenden Parteien, den Fehler aus den Jahren 2003 und 2004 einzugestehen und diese Ungerechtigkeit zu beseitigen, wozu ihnen offensichtlich der Wille fehle.

Wer nicht ins Hambacher Schloss kommen konnte, schaut sich die Rentendebatte am besten bei Youtube an.

Bilder von der Rentendebatte im Hambacher Schloss

  • Rentendebatte Hambacher Schloss
    Das Hambacher Schloss