DVG fordert Beratungs- und Protokollierungspflicht bei Abschluss von Direktversicherungen
Von Thomas Kießling
Als „gebranntes Kind“ – oder anders gesagt – als vom Gesetzgeber grob Hintergangene kann der DVG, Verein der Direktversicherungsgeschädigte e. V. vor neuen Angeboten in diesem Bereich nur warnen. Wegen der hohen Abschlussrisiken fordert der DVG eine Beratungspflicht beim Abschluss von Direktversicherungen mit abschließendem Protokollnachweis. Sonst gebe es später vielfach ein böses Erwachen.
Derzeit erscheinen in vielen Zeitungen des Landes Artikel zum Thema Direktversicherungen, mit dem Fazit, dass Beitragszahler schlicht und ergreifend hintergangen werden. „Einfach gesagt, sollten Verträge beim Eintritt in die Rente mehr ausbezahlt bekommen, als man in der Ansparphase eingezahlt hat“, betont Reiner Korth, DVG-Bundesvorsitzender. Diese betriebswirtschaftliche Grundvoraussetzung und Selbstverständlichkeit werde aber inzwischen längst nicht mehr von allen Produkten erfüllt. Und Grund dafür sind undurchsichtige Zustände in der Sozialgesetzgebung.
Der DVG warnt vor allem auch vor der klassischen Entgeltumwandlung für die Beiträge der Direktversicherungen. „Man verzichtet dabei schlicht auf Teile des Weihnachtsgeldes oder auf Sonderzahlungen in der Ansparphase, wird `staatlich gefördert`, was bedeuten soll, dass man keine Steuern und keine Sozialbeiträge entrichten muss und erlebt dann 30 Jahre später die große Überraschung: doppelte Krankenkassenbeiträge und auch noch weniger Rentenpunkte – dies führt dann nachträglich zu hohen Verlusten im Alter“, betont Reiner Korth. Bis zu 268 Euro im Monat würden seit 2019 gefördert, so Korth: „Auf Beiträge bis zu dieser Höhe zahlen Sparer zunächst einmal keine Sozialabgaben – später eben schon.“
Doppelte Abgaben auf KV- und PV-Beiträgen, weniger Rente
Der DVG fordert deshalb eine Umsetzung von Verbraucherschutzrichtlinien auch bei Direktversicherungen. Es müsse nicht nur eine Beratungspflicht geben, sondern auch eine gesetzlich vorgeschriebene Protokollpflicht. Der Kunde müsse unterschreiben, dass er später doppelte KV- und PV-Beiträge abführen muss (den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmeranteil), dass er sich weniger Rentenpunkte anspare durch die Einzahlung in eine Direktversicherung und dass er später auf die Auszahlung auch Steuern zahlen müsse, so Korth.
Und das alles stehe noch unter dem Vorbehalt und dem Finanzrisiko, dass der Staat auch später nachträglich die Abgabensätze auf bereits geleistete Einzahlungen erhöhen kann – alles im Rahmen der Sozialgesetzgebung. „Dieser Gesetzesvorbehalt wird zu einem unkalkulierbaren Finanzierungsrisiko“, unterstreicht Korth. Das hätten die DVGler am eigenen Leib erfahren müssen und bald noch viele andere der Babyboomer-Generation, die bald in Rente gehen werden.
Angebote hören sich gut an, sind es aber faktisch nicht
In einigen Werbeflyern heißt es beispielsweise von potentiellen Anbietern: „Arbeitnehmer und Arbeitgeber profitieren beide von Steuervorteilen und geringeren Sozialabgaben. Zudem erhalten die Mitarbeiter später mit relativ minimalem Aufwand eine Rente. Das hilft den Arbeitgebern, die Mitarbeiterbindung zu stärken und Ihren Bedarf an Fachkräften langfristig zu sichern.“
Gemäß DVG-Erfahrungen hilft es aber lediglich dem Anbieter der Policen, hohe Gebühren bei Abschluss und Laufzeit der Verträge zu generieren, und es hilft den Arbeitgebern, Steuern und Sozialabgaben zu sparen. Der Kunde – sprich der Arbeitnehmer – zahle dafür später die Zeche.
Weiter heißt es in einem der Werbeflyer: „Allerdings ist die Betriebliche Altersvorsorge ein hochkomplexes Thema, das viele Fallstricke für das Unternehmen bietet. Ob man dabei ein neues Versorgungsnetz aufbauen oder ein bestehendes optimieren will, spielt keine Rolle. Um böse Überraschungen zu vermeiden, ist eine professionelle Beratung unabdingbar.“
Als Slogan hat ein Anbieter zum Beispiel formuliert: „Anständig, klar, vorausschauend.“
Der DVG hat zum Thema Direktversicherungen allerdings eine ganz andere Meinung: „Das ist alles nebulös, unklar und vorausschauend abzockend“, so Reiner Korth. Versicherungskonzerne, Arbeitgeber und auch Arbeitnehmer sparen in der Einzahlungsphase. In der Auszahlungsphase dann allerdings trägt der Arbeitnehmer die Abgabenlast ganz allein. „Man darf junge Menschen nicht ins offene Messer laufen lassen, man muss aufklären und man muss sie vor diesen besagten Produktrisiken warnen.“
Text: Thomas Kießling Fotos: pixabay