Nun warnt sogar die Deutsche Rentenversicherung vor den negativen Folgen der Direktversicherungen. Ihre Feststellung: Weniger Beitragsaufkommen schwächt zunächst die Rentenkasse aber auch den Vorsorgesparer, der weniger Rentenpunkte erhält, weil er in das gesetzliche Rentensystem weniger einbezahlt. Beim Eintritt in die Rente muss er auch noch die doppelte Krankassen- und Pflegeversicherungsbeiträge entrichten – sowohl den Arbeitgeber und auch seinen Arbeitnehmeranteil. Offenbar kein gutes Geschäft, betont der DVG – Verein der Direktversicherungsgeschädigte.
Von Thomas Kießling
Der DVG-Bundesvorsitzender Reiner Korth kennt die Klagen, wenn ein Betroffener bei ihm anruft und sein Herz ausschüttet. Reiner Korth rechnet ein Beispiel vor auf Basis der Zahlen von 2022. „Zwei Rentenpunkte fehlen am Ende der Einzahlphase, wenn jemand mit einem Jahresgehalt von 38.901 Euro bei der Entgeltumwandlung monatlich 150 Euro in die Betriebsrente oder außerbetriebliche Altersvorsorge steckt und hier 40 Jahre lang einzahlt“, so Reiner Korth, „das ergibt rund 72 Euro weniger Rente in jedem Monat.“ Ob dieser zusätzliche Verlust die private Altersvorsorge dann auffange, bleibt am Ende meist die große Frage.
Abgesehen davon muss der Vorsorgesparer beim Renteneintritt die Krankenkassenbeiträge und Pflegeversicherungsbeiträge in voller Höhe bezahlen – die auch von Bundeskanzler Scholz so genannte Vollverbeitragung, gegen die sich der DVG auch vehement zur Wehr setzt. Was bedeutet das konkret: In der Ansparphase zahlt der Arbeitnehmer für den Monatssparbetrag keinen Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung (den gedachten hälftigen Beitrag). Und der Arbeitgeber zahlt ebenfalls keinen Beitrag zu KV und PV. In der Auszahlungsphase allerdings zahlt der Arbeitnehmer dann alleinig, und zwar den vollen Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeitrag. Der Rentner zahlt somit auch den Arbeitgeberanteil zusätzlich mit.
„Wir müssen das zur Aufklärung der jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer deutlich sagen, denen die Risiken bei Vertragsabschluss von Direktversicherungen oft gar nicht in vollem Umfang bekannt sind“, so der DVG-Bundesvorsitzende.
Das Online-Portal „Ihre Vorsorge“ hatte jüngst darüber berichtet, dass knapp acht Millionen Beschäftigte in Deutschland die Entgeltumwandlung für Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds nutzten. Das waren rund 42 Prozent der etwa 18,2 Millionen Beschäftigten, die insgesamt einen Vertrag zur betrieblichen Altersvorsorge abgeschlossen hatten (Stand 2019).
Auf Basis von Statistiken des Bundessozialministeriums (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) werde den Kritikern an dieser Stelle ausdrücklich recht gegeben. „Ein solcher Schritt (gemeint ist die Entgeltumwandlung) führe nicht nur zu den entsprechenden Einnahmenausfällen in der Rentenversicherung, sondern mindere auch die `individuellen Leistungsanwartschaften` von Beschäftigten, die gesetzliche Rentenansprüche erwerben“, so die Fachleute der Deutschen Rentenversicherung.
Text: Thomas Kießling Foto: pixabay