Nachklapp zur sehr gelungenen DVG-Veranstaltung in Chemnitz

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Auf vielfachen Wunsch wollen wir nochmals auf die sehr schöne Veranstaltung in Chemnitz kommen und einen Nachklapp mit einigen wichtigen Punkten aus den Reden der ReferentenInnen liefern.

In der TU Chemnitz hatten sich jüngst Experten auf Einladung des DVG – Verein der Direktversicherungsgeschädigten zur Altersvorsorge und Altersversorge unterhalten. Den interessanten Fachvorträgen lauschten 350 Besucher, die sich hernach in die spannende Diskussion einbringen konnten.

Hier einige Kernpunkte der Referenten:

Frau Kristin Kubanek, Chemnitz:

„Frau und Geld, Meisterin der Haushaltsplanung, Verliererin der Rente“

„In meiner Generation (1980er Geborene) wird (noch) zu wenig für die Altersvorsorge getan, was auch an mangelnder finanzieller Bildung liegt. Besonders für Frauen ist das Thema Altersvorsorge wichtig, denn sie verdienen rund 1/4 weniger als Männer (unbereinigte Geschlechterlücke), haben unterbrochene Lebensläufe durch Kindererziehung und Pflege von Angehörigen und arbeiten häufiger in Teilzeit, leisten also deutlich mehr unbezahlte Arbeit und bekommen durch all diese Faktoren am Ende nur halb so viel Rente wie Männer. Lernen wir also unsere Finanzen in die eigenen Hände zu nehmen, und welche Möglichkeiten es gibt, auch privat für das Alter vorzusorgen, denn sonst laufen wir Gefahr, im Alter arm zu sein.“

 

Reiner Heyse, Kiel:

„Altersvorsorge und Altersversorge in europäischen Staaten, insbesondere am Beispiel Deutschland und Österreich“

„Die gesetzliche, umlagefinanzierte, Rente in Deutschland wird seit 30 Jahren systematisch geschwächt. Altersarmut hat sich verdoppelt, das Rentenniveau wurde um 15 % abgesenkt. Diese negative Entwicklung geht bis mindestens 2040 so weiter. Höchste Zeit für eine grundlegende Rentenreform, die den Lebensstandard im Alter wieder sichert und Altersarmut verhindert. Bei der Lösungssuche hilft der Blick über den Tellerrand. Dabei fällt schnell ins Auge, dass in Österreich bezüglich Rente vieles richtig gemacht wird. Vorbildlich für uns?“

Anmerkung: hier ist das Private- und das Gesetzliche Rentensystem zusammengeführt worden und – es funktioniert.

„Wir könnten fast alles übernehmen – und: kein einziger Satz müsste übersetzt werden, es ist schon in Deutsch.”

 Siehe Abbildung im Vergleich Deutschland und „Felix Austria“:

Scan – Vergleich Rentensys. Deutschland – Österreich – Quelle RentenZukunft 

 

Diethard Linck, München:

„Solidarische Rentenversicherung als Bürgerversicherung“

 Kernaussagen der Aktion Demokratische Gemeinschaft e.V. (ADG):

  1. „Über mehr als 25 Jahre hat die ADG die Veränderungen bei der gesetzlichen Rente beobachtet und aus eigenen leidvollen Erfahrungen folgende Erkenntnisse gewonnen.
  2. Die Rentenversicherungsträger müssen im Gesetzesauftrag auch Leistungen erbringen, für die sie niemals Rentenbeiträge erhalten haben. Siehe dazu Ihre Vorsorge – Lexikon (Deutsche Rentenversicherung).

Seit dem Jahr 1957 wurden diese Kosten der gesetzlichen Rente bei den versicherungsfremden Leistungen nie durch Bundesmittel ausgeglichen.

  1. Im Jahr 2021 betrug die Differenz zwischen den versicherungsfremde Leistungen und dem Bundeszuschuss 38,6 Mrd. EUR.
    Würde dieser Betrag gänzlich durch Bundesmittel ausgeglichen werden, könnten die aktuellen Renten um 13 % höher sein (siehe dazu die Publikation Gegenüberstellung der Versicherungsfremden Leistungen und dem Bundeszuschuss zur Finanzierung der Leistungen)
  2. Die Politiker diskutieren nur dann Änderungen in der gesetzlichen Rente, wenn sie sich davon Wählerstimmen erhoffen.

Aus Sicht der ADG gliedert sich die Altersversorgung in ein Zwei-Klassensystem:

Über die gesetzliche Rente wird versucht, den sozialen Ausgleich herzustellen (z.B. Mütterrente, Grundrente).

Die Gruppen mit einer berufsständischen Versorgung (Kapitalanlage) und die Beamten und die Parlamentarier (Pensionen aus dem Staatshaushalt) beteiligen sich daran nicht.

Deshalb hat die ADG bei ABSTIMMUNG21 den Vorschlag „Solidarische Rentenversicherung als Bürgerversicherung“ zur Abstimmung eingebracht.

5. Wer sich nicht sein ganzes Leben um seine Altersabsicherung kümmert und meint, der Staat regelt dies zur Zufriedenheit, wird am Ende seiner Berufslaufzeit enttäuscht sein.

Das hat die ADG in ihrem Film „Wo ist unsere Rente geblieben?“, erstellt von einem jungen Filmteam, aufgezeigt.

Dies gilt im Übrigen auch für Betriebsrente, Direktversicherungen und alle anderen Arten der Kapitalanlagen für das Alter.

Die ADG appelliert an die im Beruf stehenden:

          Beschäftigen sie sich regelmäßig mit dem Thema Rente!“

 

Reiner Korth, Geeste (Niedersachsen), DVG-Bundesvorsitzender:

Er ging in seinem Vortrag darauf ein, dass er das Prinzip, als Arbeitnehmer den halben Beitragssatz an Krankenversicherungsbeiträgen zu zahlen und als Nutznießer der Direktversicherung nochmals den vollen Krankenkassenbeitrag zu entrichten, grober Unsinn sei.

„Künftige Rentner können sich noch wehren“, so Korth, „aber junge Arbeitnehmer sollten die Direktversicherungen kritisch prüfen.“ Bestehende Verträge könne man gegebenenfalls ruhen lassen. Für die 350 Besucher des Seniorenkollegs sei dies vielleicht zu spät, aber sie könnten wenigstens ihre Familien von den Fallen der Direktversicherungen warnen. Reiner Korths Feststellung: „Sonst machen sie ein Minusgeschäft.“

 

Statements eingeholt von Werner Partschefeld

Redaktion: Thomas Kießling                      Fotos: Jens Gleisberg