Betriebliche Altersversorgung wird zum Verlustgeschäft

Kundgebung in Erfurt im April 2024 - privat_0111

Die Rede des Bundesvorsitzenden Reiner Korth in Erfurt, 20.04.2024

Begrüßung

Liebe Freundinnen und Freunde im DVG, liebe Gäste, liebe Zuhörer,

wir sind heute hier zusammen gekommen, um erneut auf das “Riesen Unrecht”, auf die total soziale Ungerechtigkeit hinzuweisen in der Doppelverbeitragung der Krankenversicherung für die Direktversicherten, schlechthin für alle Betriebsrentner.

Altersvorsorge führt zu staatlicher Abzocke

Es ist ein Skandal in der deutschen Politik: Rentnerinnen und Rentner, die Zusatzvorsorge in der bAV betrieben haben, die dem Rat der Bundesregierung gefolgt sind, die angelockt wurden durch politische Versprechen, die heute nichts mehr Wert sind: sie werden heute doppelt bestraft, sie alle zahlen doppelte Krankenkassenbeiträge, sie werden heute abgezockt.

Um das mal an einem realen Beispiel festzumachen: ein Arbeitnehmer mit 3.500 € Brutto zahlt (nur) 340, 00 KK-Beitrag, ein Rentner dagegen mit Einkommen in gleicher Höhe bspw. 2.000 Euro DRV-Rente plus 1.500 bAV dagegen zahlt 460, 00 € KK-Beitrag. Das ist über ein Drittel mehr. Und WARUM: weil der bAV Rentner in Vorsorge gespart hat – statt Belohnung führt das jetzt zu staatlicher Abzocke.

Das Gegenteil von Rentnerarmut bekämpfen

Und unsere Politiker, die Regierung in Berlin allerdings, sie tun Nichts. Sie alle sind PRIVAT versichert, kennen unsere Probleme, kenne die Probleme der bAV-Rentnerüberhaupt nicht. – Eine Ricarda Lang (GRÜNE) glaubt ja auch, die Durchschnittsrente liege bei 2 000 € im Monat. Liebe Ricarda Lang: 1.209 € ist der wahre Wert, kann man googeln! Andere Parteien wie SPD und CDU reden von “Rentnerarmut bekämpfen”, machen aber genau das Gegenteil – Sie rauben uns aus mit Doppelt- und Dreifachbeiträgen. Ein handfester politischer Skandal ist das.

Was macht eigentlich unser Bundeskanzler, der Vergeßliche? Wie heißt der nochmal? – Olaf Scholz glaube ich. Der damalige Kanzlerkandidat Scholz hat uns DVG-lern, die dort aufgetreten sind, im Wahlkampf in Münster im Sommer 2021, auf der Bühne am Mikrofon öffentlich und persönlich versprochen: “Ich kenne das Problem. Das ist ein Ärgernis … wenn ich Bundeskanzler werde, werden wir das wieder ändern!!!!!!”

Gute Absicht – schlecht gemacht

Zur Erinnerung: die SPD hat mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz 2003 ein gutes Ziel verfolgt, nämlich ein Schlupfloch zu schließen, welches Betriebsrentner genutzt haben, indem sie sich anstelle der Rente eine einmalige Abfindung haben auszahlen lassen, was eben eine einmalige Kapitalauszahlung darstellt. Und haben sich damit der Beitragszahlung an die Krankenkasse entzogen!!

Jetzt zeigt aber die Praxis, daß der Krankenkassenverband GKV und auch sogar die Sozialgerichte sich dieses Gesetz gekapert haben und den § 229 widerrechtlich umgedeutet haben und für alle Kapitalauszahlungen aus Sparverträgen, nicht nur für die bewußten Abfindungen anstelle einer Betriebsrente, den doppelten Beitrag zur Krankenkassen erheben, was ja von der SPD damals in 2003 so nicht gewollt war!

Wann endlich formuliert die Bundesregierung den § 229 so präzise um, damit die Krankenkassen nur noch – und ausschließlich – zielgenau die Abfindungen anstelle einer Betriebsrente verbeitragen dürfen – Aber die Kapitalsparverträge der Direktversicherungen von dieser gesetzeswidrigen Verbeitragung wieder freigestellt sind?

Drei Jahre “intensiv gearbeitet” – aber kein Ergebnis

Fast Drei Jahre hat BK Scholz jetzt regiert. Und was ist das Ergebnis? BK Scholz hat immer wieder aufs Neue betont, in Bürgerversammlungen, bei öffentlichen Auftritten und zweimal sogar im Deutschen Bundestag, bei der Kanzlerbefragung durch M. W. Birkwald, Partei DIE LINKE: wir arbeiten an einer Lösung… — NUR, niemand weiß, wer ist “WIR”?

Fragt man im Gesundheitsministerium nach – das Gremium ist NICHT bekannt.

Fragt man bei Hubertus Heil im BMAS nach: KEIN Gremium bekannt.

Fragen wir in Scholz seiner Partei nach, der SPD: nichts bekannt.

Fragen wir direkt im Bundeskanzleramt nach: dann…. bekommen wir K E I N E Antwort von BK Scholz.

DAS allerdings ist ein Ausdruck von mangelndem Respekt, das ist eine politische Sauerei. Bundeskanzler Scholz hält es nicht für nötig und nicht für notwendig, seinen Bürgern und Wählern eine Antwort zu geben: ein Schreiben im Mai, 2023, ein offener Brief im August 2023, eine Mahnwache mit erneuter Briefübergabe im November 2023…… Bis heute gibt es KEINE Antwort vom Bundeskanzler!

Das ist absolut Respektlos, das ist Skandalös. – Dieser Bundeskanzler kann nicht mehr unser Bundeskanzler sein! DAS ist ganz klar unsere Erkenntnis. Die Probleme der Bürger interessieren ihn gar nicht mehr.

Rentner werden doppelt zur Kasse gebeten

Diese Bundesregierung hat Geld für alle Probleme dieser Welt, Kriegskosten Flüchtlingskosten, Einsätze in Mali und Afghanistan, oder auch für 3 000 € Inflationsprämie für Minister, Beamte und Pensionäre – für Rentner dagegen aber nicht! – Und Rentner, die Vorsorge sparen, werden dann noch doppelt zur Kasse gebeten, weil die Krankenkassen angeblich kein Geld haben und klamm sind. Allerdings: Sie sind in der Tat klamm, weil den Kassen von der Politik ein großes Paket an “versicherungsfremden Leistungen” aufgebürdet und angedient wurde.

Politische Wohltaten, mit denen die Politiker große Werbung betreiben, die heute aber allein von den GKV-Versicherten bezahlt werden soll! – Das ist eine Aufgabe der gesamten Bevölkerung. ABER: Politiker und Beamte als PRIVAT Versicherte sind fein raus – sie zahlen NICHTS.

Eine Zweiklasssengesellschaft im Sozialwesen und in der Rechtssprechung

Es entwickelt sich im Sozialwesen zunehmend eine Zweiklassengesellschaft. Und die Rentner von heute, die 45 Jahre geschafft und geschuftet haben, die dieses Deutschland in den 80-er und 90-er Jahren aufgebaut haben, die zahlen – quasi zur Belohung – jetzt DOPPELT: eine soziale Ungerechtigkeit allerster Güte ist das, die Ihresgleichen sucht!

UND es entwickelt sich auch in der Rechtssprechung eine Zweiklassengesellschaft: Die Sozialgerichte weisen alle Klagen (ich möchte sagen “fast ungeprüft”) ab mit dem Hinweis “Die Doppelverbeitragung ist politischer Wille”. Wenn Sie etwas geändert haben möchten, wenden Sie sich an das Parlament in Berlin. – Und dann fragen wir die Abgeordneten im Parlament und bekommen oft zur Antwort: Was wollen Sie denn, die Gerichte geben uns doch RECHT! Da fragen wir uns: Gibt es eigentlich noch so etwas wie “eine Gewaltenteilung” in Deutschland? Das habe ich mal im Gemeinschaftskundeunterricht gelernt – sollte es eigentlich geben! Aber diese Gewaltenteilung ist schwammig geworden, aufgeweicht. Es fehlen die klaren Konturen, es fehlt die scharfe Abgrenzung. Es gibt sie nicht mehr. Sozialgerichte und das Parlament schieben sich den Ball gegenseitig zu. Und wir Rentnerinnen und Rentner bleiben außen vor, werden im Stich gelassen, wissentlich!

Und zahlen DOPPELT, weil die Krankenkassen unterfinanziert sind, angeblich!

Die Rentner verursachen mehr Krankheitskosten

Und als weiteres Argument hört man dann von einzelnen Politikern dann auch noch, das kann man auch auf X/Twitter nachlesen oder es wurde geäußert in persönlichen Gesprächen: Die Alten, die Rentner verursachen ja auch mehr Krankheitskosten, sind öfter krank! Das allerdings ist eine ganz schlimme Stigmatisierung, eine Ausgrenzung einer bestimmten Bevölkerungsgruppe! — Dann frage ich: müssen dann nach dieser “Politiker -Logik” zukünftig auch Raucher, Alkoholiker, Asthmakranke, Zuckerkranke oder Suchtkranke (Cannabis läßt grüßen ….) auch die doppelten Beiträge zahlen, weil sie ja auch systembedingt “MEHR Krankheitskosten” verursachen?

Liebe Politiker, Euch sei gesagt: auch wir Rentner waren mal jung und haben damals hart gearbeitet und haben seinerzeit (Jung und Gesund) überproportional in die Kassen eingezahlt. – Wir haben unseren Anteil zur Solidargemeinschaft bereits geleistet.

Es mangelt an der Solidargemeinschaft im Gesundheitswesen

Für die Krankheitskosten der “Versicherungsfremden Leistungen”

– Versorgung der Flüchtlinge,

– Versorgung der Sozial Schwachen (Bürgergeldempfänger)

– für Mutterschaftsgeld, Familienversicherung, Krankengeld bei Kindererziehung, etc.,

dafür ist die Solidargemeinschaft aller Bürger in diesem Lande zuständig:

Auch Selbständige, Politiker und Beamte müssen für diese Leistungen einzahlen, und nicht nur wir Rentner in der GKV allein! – Das ist eine völlig unsoziale und einseitige Belastung einer einzigen Bevölkerungsgruppe! Wenn Politiker immer wieder von Rentnerarmut reden, dann sind genau die versicherungsfremden Leistungen ein wesentlicher Grund dafür!

Eine Warnung an junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Und zum Schluß: Ich möchte eine Warnung aussprechen an unsere jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die angelockt werden mit “staatlicher Förderung”, mit Steuerersparnis, mit weniger Sozialabgaben:

Haltet die Augen OFFEN, Haltet die Ohren offen,

Hört zu und schaut Euch an, was da auf Euch zukommt. Laßt Euch nicht blenden von den politischen Versprechen heute! Und eine granz dringende Warnung an Euch: WIR – Eure Eltern – haben damals den Versprechen der Politiker vertraut, wir haben Verträge angespart und bekommen heute weniger NETTOausgezahlt als wir damals eingezahlt haben. Der Grund: nachträglich doppelte Beiträge zahlen auf Direktversicherungen.

“Die Riester-Rente wird zum Flop” (Zitat BILD vom 20.04.2024)

Und wenn es noch eines aktuellen Beweises bedarf: Die Schlagzeile in der Bildzeitung von heute (Samstag, 20.04.2024) lautet: “Riester-Rente wird zum Flop”. Das ist die Steilvorlage für unsere Kundgebung heute. Das ist eine Bestätigung unserer Aussagen. Unser Vertrauen in die Politik wurde auf einen Schlag mit dem GMG 2003 komplett zerstört. Und für Euch heute wird es noch schlimmer werden:

Nach der neuen Regelung in der bAV bekommt Ihr auch noch ca. zwei Rentenpunkte weniger später im Rentenalter, macht 90 Euro weniger Rente jeden Monat und dazu die doppelten Krankenkassenbeiträge. Auch das aktuelle neue bAV Modell seit 2018 ist in den allermeisten Fällen ein absolutes Verlustgeschäft – Ich kann Euch nur warnen: Rechnet mit spitzem Bleistift sehr genau nach!

Europa- und Landtagswahlen werden zum Prüfstein

Bundeskanzler Scholz hat noch ein knappes Jahr Zeit, um sein Versprechen einzulösen. Die nächsten Wahlen werden zeigen, wer mit dieser Art von Politik das Vertrauen der Wähler verspielt hat, wer nicht wiedergewählt werden kann! Europawahl, drei Landtagswahlen hier in der Umgebung, in Thüringen, in Sachsen und in Brandenburg .Und dann im nächsten Herbst 2025 ist die Bundestagswahl! Und eines ist ganz klar und eindeutig: wenn BK Scholz sein mehrfach gegebenes Versprechen von Münster, im Bundestag, auf Bürgerdialogen, wenn er dieses Versprechen bis dahin nicht eingelöst hat, dann allerdings ist BK Scholz und dann ist auch die SPD für uns Direktversicherten und für uns Betriebsrentner absolut nicht mehr wählbar, – Weil: Versprechen gebrochen – Vertrauen verspielt!

Und das führt dann zu einem unserer DVG Leitsätze, der nie so gültig und nie so aktuell war wie heute:

WER Rentner quält – Wird NICHT gewählt!

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, liebe von der Regierung Geschädigten:

Ich danke Euch für Euer Kommen, für Eure Unterstützung. Geht bitte zurück in Eure Wahlkreise und klärt die Abgeordenten auf. Auch die, die nicht wiedergewählt werden, weil sie unser Anliegen nicht unterstützen und den Betrug dulden!

Klärt bitte auch Eure eigenen Kinder auf, und die Nachbarskinder gleich mit. Und klärt Eure und unsere jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Betrieb auf, Bewahrt sie vor bAV-Abschlüssen, vor Versicherungsverträgen die zum Verlustgeschäft werden! Laßt Euch nicht blenden und nicht anlocken von marginalen staatlichen Förderungen in Höhe von 30 oder 50 Euro im Monat – Ihr müßt später das DOPPELTE und Dreifache wieder an den Staat zurückzahlen und macht NETTO ein dickes Verlustgeschäft.

Das ist unsere bittere Erfahrung. Die Erfahrung der Rentnerinnen und Rentner, die sich heute hier zum Protest in Erfurt versammelt haben. Wir sind die realen Beispiele aus dem wahren Leben, die den Betrug tagtäglich erfahren und erleiden müssen, fernab der abgehobenen Politblase in Berlin.

Ich wünsche Euch eine gute Zeit hier in Erfurt, alles Gute für die Zukunft und bleibt gesund.

Reiner Korth
Bundesvorsitzender DVG eV

Text: Reiner Korth
Bild: Andreas Reich/DVG