Messen mit zweierlei Maß schadet allen

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Warum ist Geld für eine Wachstumschancenpaket der Ampelregierung da, aber nicht für die Abschaffung der Doppelverbeitragung? Das verstehe wer will.

Menschen, die 2023 in Rente gegangen sind, müssen laut Einigung von Bund und Ländern im so genannten Wachstumschancenpaket nicht mehr 83 Prozent ihrer Rente versteuern, sondern noch 82,5 Prozent. Wie viel Prozent der Rente versteuert werden müssen, hängt nun davon ab, in welchem Jahr der Rentenbeginn stattfindet.

Dazu der Der DVG – Verein der Direktversicherungsgeschädigten e.V.: „Es ist ein Skandal, dass Renten überhaupt versteuert werden müssen, denn die Rentenbeiträge sind schon einmal – während der Arbeitsjahre – versteuert worden – das ist also eine Mehrfachversteuerung der Rentenbeiträge“, so Vertreter des DVG, „zum anderen müssen wir feststellen, dass für eine 0,5-prozentige Steuererleichterung, die dem Einzelnen wenig bringt, Milliarden Euro ausgegeben werden, aber die Doppelverbeitragung, die jährlich nur 110 Millionen Euro [DVG-Beitrag von 4. März 2024] weniger an Kassenbeiträgen kosten, dafür aber viele Millionen an Direktversicherungsnehmern hohe Beitragskosten verursachen, noch nicht abgeschafft worden sind – das ist ein Messen mit zweierlei Maß und bringt keinerlei Form von Gerechtigkeit und schadet damit sehr vielen Menschen – das verstehe wer will.“

 

Das ist Grundlage des am 22. März 2024 beschlossenen Wachstumschancengesetztes

Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrenten sind grundsätzlich einkommenssteuerpflichtig. Rückwirkend ab dem Jahr 2023 steigt wie erwähnt der Besteuerungsanteil für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang aber nicht mehr um wie bisher 1,0 Prozentpunkte, sondern nur noch um 0,5 Prozentpunkte. Menschen, die 2023 in Rente gegangen sind, müssen deshalb nicht 83 Prozent ihrer Rente versteuern, sondern 82,5 Prozent.

Wie viel Prozent der Rente versteuert werden müssen, hängt stets davon ab, in welchem Jahr der Rentenbeginn stattfand. Der zu versteuernde Anteil der Rente steigt dabei Jahr für Jahr, durch das Wachstumschancengesetz aber langsamer als ursprünglich geplant: Die Anhebung der Besteuerung erfolgt nicht mehr in Ein-Prozent-Schritten, sondern ab 2023 nur noch in 0,5-Prozent-Schritten

– im Jahr 2024 auf 83 Prozent und 2025 auf 83,5 Prozent. Komplett zu versteuern sind Renten durch das Wachstumschancengesetz ab dem Renteneintrittsjahr 2058. Ursprünglich wäre dies bereits im Jahr 2040 der Fall gewesen.

Die „nachgelagerte Besteuerung“ der Renten wurde 2005 eingeführt. Im Zuge dieser Änderung wurden Aufwendungen für die Altersvorsorge zunehmend steuerfrei. Im Gegenzug würden die späteren Renteneinkünfte schrittweise besteuert, so sagt es jedenfalls der Gesetzgeber. In der Regel wirke sich die „nachgelagerte Besteuerung“ vorteilhaft für die Verbraucherinnen und Verbraucher aus, da die Aufwendungen für die persönliche Altersvorsorge die Steuerbelastung während des aktiven Berufslebens verringert werden würde. Während der Zeit des Ruhestandes oder dem Bezug einer Erwerbsminderungsrente sind die Einnahmen in der Regel geringer – und dadurch auch die steuerliche Belastung durch die Rente.

Währenddessen laufen fast alle Gruppierungen Sturm gegen das Rentenpaket II:

Dabei wird scharfe Kritik an der Rentenerhöhung für dieses Jahr geübt. Das sei eine atemberaubende „Realitätsverweigerung“, so die so genannten Rentenexperten, die gebetsmühlenartig entweder niedrigere Renten, ein höheres Renteneintrittsalter oder gar höhere Rentenbeiträge vorschlagen – alles drei lehnt aber Bundesarbeits- und Sozialminister Hubertus Heil derzeit noch ab. Gesamtmetall-Chef Rainer Dulger hält das Rentenpaket II dagegen als „unbezahlbar“ und kritisiert dabei die vom Bund in diesem Jahr zu leistenden Zuschuss von offenbar rund 110 Milliarden Euro.

Der DVG fordert schon lange, bei der Tragfähigkeit der Gesetzlichen Rente alle (sozialversicherungspflichtig) Beschäftigte einzahlen zu lassen und sich endlich ein Beispiel an Ländern wie z.B. Österreich zu nehmen. „Sonst geht die Rente in nicht wenigen Jahren vor die Hunde, dem muss man sich einfach klar sein.“

 

Text: Thomas Kießling

Foto: pixabay