Rentenkonto

Seit 2017 bastelt die Bundesregierung an einem “Rentenkonto für alle”, sprich, einem Portal für die gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge. Herausgekommen ist bislang nur heiße Luft. Ende 2023 soll das Portal aber in Betrieb gehen – für unsere Nachbarn eine Lachnummer.

Erst jetzt, Ende August 2020, hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes für eine säulenübergreifende Rentenübersicht verabschiedet. Mit dem  „Rentenkonto für alle“ sollen Verbraucher einen Überblick über ihre gesetzliche, betriebliche und private Alterssicherung erhalten. Ziel sei es, dass jeder auf einen Blick sehen könne, wie es um die eigene Absicherung im Alter steht. Was in anderen Ländern wie Dänemark längst selbstverständlich ist, soll in Deutschland erst Ende 2023 kommen.  Auf der Seite borger.dk können die Dänen die meisten Verwaltungsakte digital organisieren, was hierzulande noch Zukunftsmusik ist.

Sozialabgaben einfach vergessen

Dabei schaffen es selbst große Versorgungswerke wie die Metallrente oder das Versorgungswerk der Presse bis heute nicht, ihre Mitglieder darüber zu informieren, was an Abzügen in der Rente auf sie zukommt. Wer seine Auszahlungsmitteilung bekommt, erhält, wenn er Glück hat, noch einen Hinweis darauf, dass Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu zahlen sind, nicht jedoch, wie viel das voraussichtlich sein wird. Das Versorgungswerk der Presse beispielsweise weist den Versicherten nur darauf hin, dass „aufgrund des Solidarprinzips der gesetzlichen Krankenversicherung eine Beitragspflicht besteht“. Es helfe auch nichts, wenn „die Beiträge (während des Berufslebens) bereits aus sozialversicherungspflichtigen Einkünfte bezahlt wurden“. Dabei geht es nicht um einige Euros, sondern um Tausende.

Ob das in dreieinhalb Jahren fertige „Rentenkonto für alle“ diese Minderung berücksichtigt? Vermutlich kaum. Was ist dann aber ein „Rentenkonto für alle“ wert? Die Antwort kann sich jeder selbst geben.

Zumindest der Rentenbescheid über die gesetzliche Rente berücksichtigt Kranken- und Pflegebeiträge, so dass jeder weiß, was netto vom Brutto übrigbleibt. Bei allen anderen Mitteilungen der privaten und betrieblichen Altersvorsorge allerdings fehlt das bislang, was das Bild natürlich verfälscht. Teilweise müssen Privat- und Betriebsrenten zusätzlich versteuert werden, wie beispielsweise bei der Metallrente. Denn Rentnerinnen und Rentner müssen ihre Betriebsrente außerdem versteuern. Genau wie die gesetzliche Rente schrittweise steuerpflichtig wird, sind auch Betriebsrenten nach dem individuellen Steuersatz als Rentner/in steuerpflichtig. Zurzeit liegt der durchschnittliche Steuersatz im Rentenalter bei rund 15 Prozent. Der tatsächliche Steuersatz hängt indes von der individuellen Einkommens- und Vermögenssituation ab. Um die Netto-Betriebsrentenleistung zu bewerten, sollte deshalb auch abgeschätzt werden, wie hoch später der voraussichtliche Steuersatz individuell ausfallen wird und ab welchem Einkommen die geltenden Steuerfreibeträge voraussichtlich überschritten werden. Wie soll das ein „Rentenkonto für alle“ berücksichtigen?

“BR24” zeigt sich ebenfalls skeptisch. “Es werden aber auch dann wichtige Elemente der Altersvorsorge, wie etwa Immobilienbesitz, kaum mit einbezogen werden können. Das ist technisch nur schwer umsetzbar – und auch mögliche Abzüge für Steuern und Krankenversicherung müssen künftige Rentner weiterhin für ihren individuellen Fall ausrechnen oder abschätzen.”

Rentenkonto für alle ab 2024

Im Juli 2020 hatte Heil (SPD) einen Gesetzentwurf für die digitale Rentenübersicht vorgelegt. Die zentrale Stelle für die Digitale Rentenübersicht soll bei der Deutschen Rentenversicherung beheimatet sein und die Informationen aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Alterssicherung bündeln. Anschließend sollen diese, so der „Versicherungsbote“ über ein Online-Portal für Verbraucher bereitgestellt werden. Ab 2023 seien die Versicherungs- und Finanzbranche verpflichtet, entsprechende Informationen jedem einzelnen Kunden zu liefern. Für den Bau der digitale Renteninformation und die Startphase werde der Bund 18,6 Millionen Euro bis 2023 bereitstellen. Die Kosten für den laufenden Betrieb von 2024 an sollen bei rund 4,5 Millionen Euro pro Jahr liegen.

Der Dachverband der Verbraucherzentralen habe allerdings Bedenken angemeldet: Die Information könnte möglicherweise nicht unabhängig sein und Angst schüren, um der Versicherungs- und Finanzbranche als Verkaufsargument zu dienen.

Besser Excel als ein Rentenkonto

Viele Bürger sehen in dem geplanten Online-Portal bereits einen Vorstoß des Staates, einen besseren Einblick in die Vermögensverhältnisse zu bekommen. Die Vergangenheit hat gelehrt, dass der Staat ein solches Wissen nutzt, um die Bürger noch besser schröpfen zu können.

DVG-Mitglied Norbert Böttcher schlägt vor, die Bürger besser zu bilden, so dass sie ihre Rentenansprüche selbst berechnen können. “Wer will, kann sich schon heute entsprechend schlau machen, beispielsweise auf seiner Seite “Meine Rente”.  “Warum gibt es in Schulen kein Fach, was sich mit diesem Thema beschäftigt”, fragt Böttcher. Seine Rentenberechnungen, die er für Freunde durchführte, seien in der Abweichung kleiner als drei Prozent gewesen. Mit ein wenig Excel-Kenntnis könne sich jeder seine Rentenanwartschaft selbst errechnen und gezielt Vorsorge betreiben.

Jetzt liegt ein Gesetzesentwurf vor. “Das Angebot der Digitalen Rentenübersicht solle einen Anreiz setzen, sich intensiver mit der eigenen Altersvorsorge zu beschäftigen, heißt es im Gesetzentwurf” schreibt der Bund-Verlag. Was der Entwurf im einzelnen vorsieht.