Nullrunde für Rentner, Erhöhung für Pensionäre

Pensionäre

Wie sich Medien von der Wirtschaft vereinnahmen lassen und ihre Leser für dumm verkaufen. Während Rentner 2021 eine Nullrunde erwartet, bekommen Pensionäre eine Erhöhung.

von Karin Tutas

„Teure Überraschung für Arbeitnehmer – ab 2022 steigen die Rentenbeiträge kräftig“, titelt Focus Money online und zeichnet ein düsteres Szenario über den Zustand der Rentenkasse. Durch die Corona-Pandemie erleide die Rentenkasse hohe Einbußen, dennoch habe es 2020 noch „üppige Rentenerhöhungen“ gegeben, moniert das Portal.  Das Gegenteil hätte der Fall sein müssen, wird dann das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) zitiert. Statt einer Erhöhung von 3,45 Prozent im Westen und 4,2 Prozent im Osten hätte es eine Kürzung von 3,25 geben müssen. Aber da gibt es ja die Rentengarantie, die eben diese Kürzung verhindert, was wiederum zum kräftigen Anstieg der Beiträge ab 2022 – nach der Bundestagswahl! – führen werde. Zu Lasten der Arbeitnehmer und natürlich der Arbeitgeber. „Doch das ist nur ein Teil der bitteren Wahrheit“ schreibt der Autor, denn auch der Bundeszuschuss an die Rentenkasse werde in Zukunft steigen – zu Lasten der Steuerzahler, moniert Focus wiederum der Kritik des IW folgend.

Nullrunden 2010 – und 2021

rentenerhöhungen
Rentenerhöhungen 2007 bis 2020        Quelle: Statista

Üppige Alimente für Pensionäre

Das ist indes nur ein Teil der bitteren Wahrheit. Die Unkenntnis – oder absichtliche Ignoranz – der Fakten mancher Journalisten verblüfft doch immer wieder aufs Neue. „Üppige Rentenerhöhungen“? Vielleicht hätte der Autor, statt sich ausschließlich auf Argumente der Arbeitgeberseite zu stützen, mal ein Minimum an Recherche betreiben sollen. Mit wenigen Klicks hätte er festgestellt, dass die Beamtenpensionen – trotz Corona – 2020 ebenfalls um 3,2 Prozent erhöht wurden, ebenso 2019 (Renten 2,39 Prozent). Während  nämlich die Rentner in diesem Jahr die bittere Corona-Pille schlucken und eine Nullrunde hinnehmen müssen, wird den Pensionären ein Aufschlag von 1,4 Prozent gegönnt, wie „Rentenbescheid24“ schreibt. Übrigens finanziert von Steuergeldern – auch die der gesetzlich Versicherten – ohne dass die im Alter bestens versorgten Staatsdiener auch nur einen Cent zu ihrer Altersversorgung beigetragen hätten. Und übrigens beträgt zusammengezählt die Erhöhung der Beamtenpensionen von 2019 bis 2021 immerhin 7,8 Prozent gegenüber der Renten von 5,84 Prozent.

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Rentner werden gerupft

Dass der Autor auch die Rentenkürzungen, die gesetzlich versicherte Arbeitnehmer seit den 50ern hinnehmen mussten, unterschlägt, ist ebenfalls keine Überraschung. Davon, dass viele, durch den Bundeszuschuss nur unzureichend gedeckten gesamtgesellschaftliche Aufgaben, sich seit 1957 zu einer Deckungslücke von rund 840 Milliarden Euro in der Rentenkasse geführt haben, erfährt der geneigte Online-Leser nichts. Aber das ist auch nicht gewollt. Die Adressaten sollen nämlich nicht ins Grübeln kommen und lieber privat für ihr Alter vorsorgen. Dass Focus dann allen Ernstes unter anderem noch das Auslaufmodell Riester anpreist, an das selbst einmal die an seiner Einführung beteiligten Politiker glauben, passt ins Bild. Ach ja, da wäre noch die aufgewertet betriebliche Altersversorgung (baV). Im Jahr 2021 könnten gesetzlich Krankenversicherte bei den baV-Auszahlungen einen Freibetrag von 164,50 Euro monatlich nutzen. „Das spart Abgaben“ – ernsthaft? Betriebsrentner und Direktversicherungsgeschädigte, die fast ein Fünftel ihrer Ersparnisse aus der Altersversorgung abstecken müssen, können darüber nur den Kopf schütteln – bis zum Schleudertrauma.

 

Bild von wal_172619 auf Pixabay