Altersvorsorger sollen nach dem Willen der CDU auch weiterhin in der Rente volle Krankenkassenbeiträge zahlen. Vertrauensbildung sieht anders aus.
Keine Hoffnung auf eine Rücknahme der doppelten Krankenversicherungspflicht auf die private Altersvorsorge machte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) den Betroffenen bei einem Gespräch des CDU-Kreisvorstands Steinfurt mit der DVG-Regionalgruppe NRW-Nord/Kreis Steinfurt der Direktversicherungsgeschädigten. „Ich will keine Hoffnungen machen“, so Karliczek. „Wir erkennen die Ungerechtigkeit an, die seinerzeit entstanden ist, aber wir haben dafür ja auch den Freibetrag gemacht“, sagte Karliczek in der Video-Konferenz, an der Reiner Korth (Geeste), stellvertretender Bundesvorsitzender des Vereins der Direktversicherungsgeschädigten, und DVG-Regionalgruppensprecher Reiner Wellmann teilnahmen.
CDU sieht keine Lösung
„Aufgrund des rückwirkenden Eingriffs war das nicht in Ordnung“, räumte Karliczek ein. Es gebe aber keine Lösung, die zu einer Befriedung der Situation führe. Ein Aussetzen der Beitragspflicht auf private Altersvorsorge würde dazu führen, dass auf Dauer drei Milliarden Euro an Einnahmen pro Jahr fehlten. Wenn man das über Steuermittel zuschießen müsste, würde auch die jüngere Generation über Gebühr belastet. „In einer älter werdenden Gesellschaft müssen die Jüngeren immer stärker für die Gesundheitskosten der Älteren aufkommen. Wir können keine Ungerechtigkeit abschaffen, indem wir neue Ungerechtigkeiten schaffen“, begründete die CDU-Politikerin die Sonderbelastung für diejenigen, die privat vorgesorgt haben.
Das sah Stellvertretender DVG-Bundesvorsitzender Reiner Korth völlig anders: „Es ist nicht in Ordnung, wenn Sie hier Jung gegen Alt ausspielen. Hier wurde Vertrauen gebrochen. Auf eine Einmalauszahlung einer Lebensversicherung ist eigentlich keine Erhebung von Krankenversicherungsbeiträgen möglich. Die fiktive Umrechnung des Betrags auf 120 Monatseinnahmen ist Rechtsbeugung und Rechtsverdrehung“, stellte Korth klar. Es gebe eine sehr einfach umsetzbare Lösung: Für die ausgezahlten Riesterverträge habe man 2018 auch die Erhebung von Krankenversicherungsbeiträgen durch politischen Beschluss beendet. „Diesen Beitragsstopp können Sie noch in dieser Wahlperiode machen. Bei Riester hat es auch geklappt“, sagte Korth.
CDU verweist auf Beitragsausfälle
CDU-Ministerin Karliczek wollte sich darauf nicht einlassen: „Es würden uns auf Dauer drei Milliarden Euro Einnahmen jährlich fehlen. Wir tragen die Verantwortung, und das wird nicht klappen“. Auch den Hinweis von Korth und Wellmann, dass im Koalitionsvertrag von CDU-SPD 2018 beschlossen worden war, die Krankenversicherungskosten für die Empfänger von Hartz-IV-Leistungen (jährlich rund zehn Milliarden Euro) nicht länger allein aus der gesetzlichen Krankenversicherung zu bezahlen, sondern von der Allgemeinheit aus dem Steuertopf, wollte Karliczek nicht gelten lassen. Dieses Projekt sei noch gar nicht umgesetzt worden. Nach Überzeugung der Direktversicherungsgeschädigten ließe sich damit aber erheblicher finanzieller Spielraum schaffen und die Ungerechtigkeit der Doppelverbeitragung schnell aus der Welt schaffen.
CDU und Parteitagsbeschlüsse
Den Hinweisen auf die mit großen Mehrheiten gefassten Beschlüsse der CDU-Bundesparteitage in Hamburg (2018) und Leipzig (2019), die Doppelverbeitragung zu beenden, gab die Ministerin ebenfalls keine Chance: „Der CDU-Bundesparteitag trägt keine Regierungsverantwortung und kann das wohl auch nicht bestimmen“, sagte Karliczek.
DVG-Regionalgruppensprecher Reiner Wellmann reagierte anschließend enttäuscht: „Die CDU ist eine Partei, die das C als Markenkern im Namen führt und ihr Handeln aus einem christlichen Menschenbild definiert. Wie sich Vertrauensbruch und rückwirkender Eingriff in Eigentumsrechte damit in Einklang bringen lassen, wird uns wohl niemand aus der Union erklären können – oder wollen. So trägt die CDU dazu bei, dass das Vertrauen in die Politik immer größeren Schaden nehmen wird.“
Was §229 SGB 5 sagt
Gesetzliche Krankenversicherung – Versorgungsbezüge als beitragspflichtige Einnahmen
- 5.
- Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung; außer Betracht bleiben Leistungen aus Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes sowie Leistungen, die der Versicherte nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses als alleiniger Versicherungsnehmer aus nicht durch den Arbeitgeber finanzierten Beiträgen erworben hat.
Satz 1 gilt auch, wenn Leistungen dieser Art aus dem Ausland oder von einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung bezogen werden. Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt ein Einhundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für einhundertzwanzig Monate.
Bild: CDU/Tobias Koch