Das Märchen von der steuerfinanzierten Rente

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Sogenannte Experten wollen das Volk für dumm verkaufen und malen das Schreckgespenst von der Pleite der Rentenkasse an die Wand. Sie erzählen uns immer wieder das  Märchen von der steuerfinanzierten Rente.

Immer wieder wird das Märchen von der steuerfinanzierten Rente erzählt. Wie wir aber alle wissen, sind Märchen erfunden. So ging schon los vor der politischen Sommerpause – bei Lanz, im Presseclub, diversen Politmagazinen, in Tageszeitungen geben sich die sogenannten Renten-„Experten“ wie Bernd Raffelhüschen und Axel Börsch-Supan die Klinke in die Hand und malen Schreckensszenarien von der maroden Rentenkasse an die Wand. Vor allem tut sich dabei die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft hervor. 30 Wirtschaftsexperten haben die Ampel-Koalitionäre dazu gedrängt, den Nachholfaktor wieder einzuführen. Unter ihnen die Crème de la Crème der deutschen Ökonomen: unter anderem der Wirtschaftsweise Volker Wieland, IW-Chef Michael Hüther, IfW-Konjunkturchef Stefan Kooths und Max-Planck-Forscher Axel Börsch-Supan.

Das Märchen als Mantra

Sie schwafeln von Generationengerechtigkeit und fordern drastische Maßnahmen: Länger arbeiten und weniger Rente und so gut wie kein Journalist hakt mal kritisch nach. Stattdessen wird die Mär von der steuerfinanzierten Rente gleich einem Mantra nachgeplappert, obwohl die Fakten auf dem Tisch liegen und ohne großen Aufwand zu recherchieren sind.

2019 wurden 109 Milliarden Euro für sogenannte versicherungsfremde Leistungen aus der Rentenkasse entwendet. Der Gesetzgeber beschließt diese Leistungen, die der Sozialversicherungsträger zu zahlen hat, für die aber niemand Beiträge entrichtet, zum Beispiel  für die Mütterrente (14 Mrd.), Rente mit 63 (12 Mrd.), West-Ost-Transfer (30 Mrd.), Fremdrentengesetz (6 Mrd.) usw. Der Bundeszuschuss betrug 2019 aber nur 72 Milliarden, das entspricht einer Deckungslücke von 37 Mrd. Euro. Seit 1957 summiert sich die Differenz zwischen den Ausgaben für versicherungsfremde Leistungen und dem Bundeszuschuss auf 870 Milliarden. Das ist mehr als genug, um heutigen und künftigen Rentnern eine anständige Altersversorgung zu ermöglichen.

Nicht viel besser sieht es in der Krankenversicherung aus. Auch hier müssen gesetzlich Versicherte versicherungsfremde Leistungen schultern, für die der Bund nur unzureichend Geld zur Verfügung stellt. Ausbaden dürfen es die Versicherten. Und jene, die über Direktversicherungen für ihr Alter vorgesorgt haben und durch doppelte Krankenkassenbeiträge ihrer Ersparnisse beraubt werden. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands der GKV, monierte in einem Interview erst jüngst wieder die Unterdeckung von rund 10 Mrd. für die Krankenversicherung von Hartz-IV-Empfängern und forderte – wie es eigentlich im Koalitionsvertrag steht  –  dass diese Kosten vom Bund zu tragen seien. Also von allen Steuerzahlern und nicht ausschließlich von den gesetzlich Versicherten.

Denn was in dieser ganzen unsäglichen Debatte um steuerfinanzierte Renten oder Bundeszuschüsse an die Sozialkassen immer gerne unterschlagen wird:

Alle sollen zahlen 

Als Erwerbstätige entrichten sie brav ihre Beiträge an die Rentenversicherung, schultern damit die durch den Bund unzureichend finanzierten gesamtgesellschaftlichen Aufgaben, müssen hilflos zusehen, wie ihre Renten dahinschmelzen und sich schließlich von gut versorgten Professoren und Politikern vorhalten lassen, sie müssten länger arbeiten oder Kürzungen ihrer Altersbezüge hinnehmen.

Blödsinn! Würden versicherungsfremde Leistungen als gesamtgesellschaftliche Ausgaben vom Bund finanziert, könnten laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung aus dem Jahr 2018 im Bereich der Rentenversicherung die Beitragssätze um 4,2 bis 2,2 Beitragspunkte, in der gesetzlichen Krankenversicherung um 2,2 Beitragspunkte und bei der Bundesagentur für Arbeit um 0,3 Beitragspunkte, also um insgesamt 6,7 bis 4,7 Beitragspunkte gesenkt werden. Das würde eine erhebliche Entlastung der Erwerbstätigen und auch der Arbeitgeber bedeuten.

Weg mit Zweiklassensystem

Wie selbstverständlich mussten die Rentner in diesem Jahr die bittere Corona-Pille schlucken und eine Nullrunde hinnehmen. Unseren Staatsdienern dagegen wird ein Aufschlag von 1,4 Prozent gegönnt. Übrigens finanziert durch Steuergelder – auch die der gesetzlich Versicherten – ohne dass die im Alter bestens versorgten Pensionäre nur einen Cent zu ihrer Altersversorgung beigetragen hätten.

Generationengerechtigkeit

Höchste Zeit also, die Lufthoheit in puncto Rente nicht Lobbyisten wie Raffelhüschen, Rürup oder Börsch-Supan zu überlassen. Dagegen halten in allen Kanälen ist das Gebot der Stunde. Am 26. September war Bundestagswahl. Ein „Weiter so“ bei Rente und Krankenversicherung darf es nicht geben. Aber anders als sich das die Herren „Experten“ vorstellen. Es ist höchste Zeit für ein Ende des Zweiklassensystems  – das wäre dann mal echte Generationengerechtigkeit.

Bild: iStock whitemay